Die paraplegiologische Rehabilitation ist ein Spezialfall innerhalb der Rehabilitation. Von der neurologischen Rehabilitation unterscheidet sie sich vor allem darin, dass der Rehabilitationsverlauf typischerweise neben der sensomotorischen Lähmung Komplikationen aufweist: Beatmungspflichtigkeit bei hohen Tetraplegien, autonome Dysreflexie, Spastik, neurogene Blasen- Darm- und Sexualfunktionsstörungen, Infekte der Harnwege und Atemwege, sekundäre neurogene Skoliosen, Syringomyelie, Dekubitus, Osteoporose, periartikuläre Ossifikationen, Thromboembolien, psychische Störungen u.a.m.
Beim Querschnittgelähmten sind oft keine typischen klinischen Symptome (z.Bsp. Schmerz) bei diversen pathologischen Zuständen vorhanden, sodass das rechtzeitige Erkennen von Komplikationen ein speziell ausgebildetes Team von Ärzten, Therapeuten und Pflegenden erfordert. Vor allem in den Gebieten Neuro-Urologie, Pneumologie, Wirbelsäulenchirurgie, Schulter- und Tetrahandchirurgie und plastische Chirurgie (Rotationslappenplastiken bei Dekubitus). Zusätzlich ist eine speziell für Querschnittgelähmte geeignete Infrastruktur nötig, beispielsweise das Vorhandensein von Sandbetten für die fachgerechte Behandlung eines Dekubitus beim Gelähmten. Deshalb ist die paraplegiologische Rehabilitation personal- und kostenintensiv.
Als Querschnittlähmung werden unfall-, krankheits- und missbildungsbedingte Lähmungen mit Pathologien im Bereich des Rückenmarkes und der Cauda equina bezeichnet. Die dadurch vielfältig gestörten Körperfunktionen und -strukturen beeinträchtigen den Aktivitätsradius der Patienten und damit auch die berufliche und soziale Teilhabe in der Gesellschaft (Partizipation gem. ICF-Konzept). Die krankheitsbedingten Querschnittlähmungen nehmen tendenziell zu und betragen in der Schweiz bereits etwa 50 – 60 % aller Erstrehabilitationen. Etwa 40% der Lähmungen sind komplett und etwa 60% inkomplett, d.h. sensible und/oder motorische Funktionen bestehen unterhalb des Läsionsniveaus des Rückenmarks. Die Querschnittlähmungen werden gemäss ASIA-Score der American Spinal Injury Association in Grade A bis E eingeteilt Link Wikipedia.
Die Akutbehandlung umfasst die medizinische Behandlung unmittelbar nach Eintritt der Lähmung inklusive operative Massnahmen wie Stabilisierung der Wirbelsäule. Auch zu den Akutbehandlungen gehören medizinische, pflegerische und therapeutische Massnahmen beim Auftreten einer plegiespezifischen Komplikation, die eine zusätzliche Einschränkung der Selbständigkeit zur Folge hat, wie z.B. das Auftreten eines Dekubitus. Es werden in den verschiedenen Paraplegikerzentren unterschiedliche Gradeinteilungen des Dekubitus verwendet (Dekubitus, Wikipedia).
Aktuell gibt es in der Schweiz vier Paraplegikerzentren: SPZ Nottwil, Balgrist Zürich, REHAB Basel und Clinique romande de réadaptation Sion.
Die Qualitätssicherung erfolgt gemäss dem Kriterienkatalog, den die Schweizer Paraplegikerzentren definierten. Qualitätskriterien der vier Paraplegikerzentren, Link zur Seite "Vereinigung Paraplegikerzentren Schweiz".
Im Anschluss an die Akutbehandlung der erstmalig aufgetretenen Querschnittlähmung erfolgt die stationäre Rehabilitation..
Rehabilitationsmassnahmen bei Patienten mit chronischer Querschnittlähmung. Verbesserung des funktionellen Status und Partizipation bei komplexer Behinderung.
Die Inzidenz der traumatischen Querschnittlähmung beträgt in Europa 10 – 25, in den USA und Kanada 40 – 50 Ereignisse pro Million Einwohner. 60 – 80 % sind Männer (Ref. 1,2,3). Die Erstrehabilitation dauert in Europa zwischen 146 und 322 Tagen, abhängig von Alter, Lähmungshöhe und ASIA Grad (Ref. 4,5). In Deutschland beträgt die mittlere Rehabilitationsdauer für Paraplegiker 150 Tage, für Tetraplegiker 200 Tage. Die Schweiz befindet sich im europäischen Mittelfeld (Ref. 6). Das Outcome ist umso besser, je früher die Erstrehabilitation nach dem Trauma einsetzt (Ref. 7,8).
Die Kosten einer Querschnittlähmung verteilen sich zu 20% auf die Behandlung (Medizin, Pflege, Therapie) und je 40% auf Hilfsmittel und Langzeitpflege. Die Lebenserwartung ist auf 84% bzw. 70% reduziert bei Para- bzw. Tetraplegikern, wobei die erhöhte Mortalität fast ausschliesslich durch Todesfälle in den ersten 18 Monaten zustande kommt.
Verschiedene validierte Instrumente stehen in der Paraplegiologie zur Verfügung:
FIM | Functional Independence Measure |
SCIM | Spinal Cord Independence Measure |
Barthel Index | Ausrichtung auf ADL |
ICF | International Classification of Functioning |
Das Erheben eines exakten Muskelstatus mit Einteilung der Kraft der einzelnen Kennmusken in Grade 0-5 stellt ebenfalls ein wichtiges Instrument, insbesondere zur Verlaufsbeurteilung bei inkompletten Lähmungen dar.
aus DefReha, H+ Die Spitäler der Schweiz, Seite 45/52
SCIRE Volume 4: Outcome Measures (V1.0)
www.dmgp.de
www.pva.org
www.carf.org
www.iscos.org.uk
www.elearnsci.org
www.swissdrg.org
November 2017
Dr. med. Dieter Michel
Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte
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