Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

Nutzenbewertung nach Artikel 71 a/b KVV

Ausgangslage

Art.71 a und b sehen vor, dass der Vertrauensarzt die Frage des therapeutischen Nutzens zu beurteilen hat. Liegt ein solcher vor (grosser Nutzen) und sind die weiteren Bedingungen von Art. 71 erfüllt, so müssen die zu übernehmenden Kosten in einem angemessen Verhältnis zum therapeutischen Nutzen stehen. Der Vertrauensarzt ist bezüglich Nutzenbewertung gefordert, nicht zu äussern hat er sich naturgemäss zur Höhe der Vergütung (Preis), das ist Sache des Versicherers.

Es macht Sinn, wenn die Vertrauensärzte nach einem einheitlichen Modell beurteilen. Hingegen ist auch hier die gesetzliche Unabhängigkeit und Weisungsungebundenheit der Vertrauensärzte zu beachten.

Auf diesem Hintergrund haben sich im Herbst 2012 die Vertrauensärzte der Helsana, Sanitas und Visana differenziert mit der Frage einer einheitlichen Nutzenbewertung befasst und sich zu einem 2-Stufen-Modell entschlossen. Dieser Gedanke bot sich an, weil in diesen drei VAD bereits bekannte Modelle praktiziert wurden. Das Resultat skizziert sich wie folgt:


9-Felder-Modell

9_felder_modell

Legende

Sehr hochHochMittel-Tief
Onkologie: OS ≥ 12 WochenOnkologie: PFS ≥ 12 WochenOnkologie: OS/PFS 8 - < 12 Wochen
Nicht-Onkologie: mindestens in 30% der Fälle Komplettremission ≥ 1 JahrNicht-Onkologie: mindestens in 50% der Fälle partielle Remission ≥ 1 JahrNicht-Onkologie: in weniger als 50% der Fälle partielle Remission bzw. weniger als 1 Jahr


Erläuterung 9-Felder-Modell

Sofern vertiefter vorgegangen werden soll, beispielsweise bei Rückfragen, so steht mit dem MediScore ein anderes Modell der Nutzenbewertung zur Verfügung.

Das 9-Felder-Modell entspricht einer Überarbeitung und Verschmelzung der in der Sanitas und Visana vorher eingesetzten Modelle.


Hilfreich zudem:

MediScore

MediScore Onkologie

MediScore Onkologie

Rating MediScore Onkologie

NutzenArt. 71 KVVPflichtleistungKommentar
A: 20-27ErfülltJaVergütung gemäss vertraglicher Regelung mit Pharma
B: 13-19ErfülltJaVergütung gemäss vertraglicher Regelung mit Pharma
C: 6-12Nicht erfülltNeinTherapieversuch ohne Kostenübernahme
Wenn erfolgreich: Weiterbehandlung als Pflichtleistung mit Vergütung A oder B
Wenn Therapieversuch nicht sinnvoll: Rating B
D: 0-5Nicht erfülltNeingeringer Nutzen

Erläuterung Rating MediScore Onkologie


MediScore ausserhalb Onkologie

MediScore non Onkologie

Rating MediScore ausserhalb Onkologie

NutzenArt. 71 KVVPflichtleistungKommentar
A: 20-27ErfülltJaVergütung gemäss vertraglicher Regelung mit Pharma
B: 13-19ErfülltJaVergütung gemäss vertraglicher Regelung mit Pharma
C: 6-12Nicht erfülltNeinTherapieversuch ohne Kostenübernahme
Wenn erfolgreich: Weiterbehandlung als Pflichtleistung mit Vergütung A der B
Wenn Therapieversuch nicht sinnvoll: Rating B
D: 0-5Nicht erfülltNeingeringer Nutzen

Erläuterung Rating MediScore ausserhalb Onkologie

Fazit: das MediScore-Modell hat ebenfalls eine schlanke Statur, beurteilt aber differenziertere Kriterien als das 9-Felder-Modell. Dennoch ist es rasch umsetzbar, reproduzierbar und transparent

Das Modell MediScore (Onkologie und ausserhalb Onkologie) entspricht dem in der Praxis bereits erprobten und dort auch stets weiterentwickelten Helsana-Modell.

Bisherige Entwicklung

Vergleiche im Vorfeld (Visana, Sanitas und Helsana) zeigten, das trotz unterschiedlichen Modellen überwiegend korrespondierende Ergebnisse bezüglich Nutzenbewertung resultierten. Da die so entwickelten Modelle unterschiedlich sind, macht deren Kombination Sinn.

Falls im praktischen Alltag eine Nutzenbewertung gemäss 9-Felder-Modell vorgenommen wird und aufgrund von Unsicherheiten eine vertieftere Auseinandersetzung nötig ist, so steht mit dem MediScore (Onkologie und ausserhalb Onkologie) ein Modell zur Verfügung, das mehr Argumente liefert. Selbstverständlich ist nicht zwingend die Beurteilung im 9-Felder-Modell vorzunehmen und nur bei Unsicherheit/Rückfragen auf das MediScore zurückzugreifen. Falls der Anwender von Beginn weg das MediScore zur Beurteilung nutzt, so ist auch da aufgrund der unterschiedlichen Kriterien der Beizug des 9-Felder-Modells bei Unsicherheiten sinnvoll. Es handelt sich somit nicht um ein entweder – oder, sondern um ein sowohl – als auch.

Die vertrauensärztlichen Dienste (VAD) der Helsana, Sanitas und Visana, welche das Modell erarbeitet haben und danach vorgehen, haben die VAD der grossen Versicherer kontaktiert und sie eingeladen, ebenfalls nach diesem Modell vorzugehen, was von den VAD der Assura, CSS, Groupe Mutuel, KPT, ÖKK, RVK und SWICA positiv quittiert worden ist. Die VAD der anderen Versicherer sind ebenfalls eingeladen, das Modell anzuwenden.

Zu berücksichtigen ist in allem selbstverständlich die Weisungsunabhängigkeit der einzelnen vertrauensärztlichen Dienste wie der einzelnen Vertrauensärzte.

Anwendung

Beurteilt werden stets Einzelfälle, genauso wie es im Alltag des behandelnden Arztes auch nur individuelle Patienten gibt. Als Hilfsmittel stehen den vertrauensärztlichen Diensten mit dem 9-Felder-Modell und dem MediScore ein Hilfsmittel zur Verfügung, welches eine rasche Beurteilung der Fälle nach Art. 71a und b KVV erlaubt. Die Modelle ermöglichen im ersten Schritt eine Standardbeurteilung, worauf im zweiten Schritt ein Abgleich mit dem jeweiligen Einzelfall erfolgt. Zeigt der Einzelfall Gründe für ein Abweichen von der Standard-Modellbeurteilung auf, so gehört es zur normalen Aufgabe des Vertrauensarztes, diesen in seiner Beurteilung Rechnung zu tragen (z. B. Pädiatrie).

Beurteilungsschritte des Vertrauensarztes in der Nutzenbewertung


beurteilungsschritte_va_d

Board und Modellentwicklung

Die Initiierung und praktische Umsetzung wird von einem Board begleitet. Das Board, das aus Vertrauensärzten besteht, zieht dort Berater und Fachleute bei, wo es sinnvoll erscheint. Eine Begleitung und Evaluation der Umsetzung ist via SGV gewährleistet. Das Board fällt Beschlüsse per Mehrheitsentscheid. Ein Ausschuss bereitet die Themen zu Handen des Boards vor. Administrativ begleitet werden Board und Ausschuss von der Geschäftsstelle.

Die Nutzenbewertungsmodelle sind nicht statisch, sondern sie gehören weiter entwickelt. Die Diskussion soll nicht nur innerhalb der Vertrauensärzteschaft geführt werden. Wir laden die Stakeholder (z. B. Fachgesellschaften, Verbände der Pharma- oder der Spitalindustrie wie der Versicherer, Patientenorganisationen oder andere öffentliche und private Instanzen) dazu ein, Inputs zu Handen des Boards zu geben.

Senden Sie Ihre Vorschläge der Geschäftsstelle vorzugsweise in elektronischer Form zu.

Kostengutsprachegesuchs-Formular Onkologie

Wir stellen Ihnen ein Kostengutsprachegesuchs-Formular zur Verfügung, welches Sie online ausfüllen, herunterladen und bei sich abspeichern und, sofern der Empfänger bekannt ist, per Mail verschicken können. Natürlich können Sie es auch ausdrucken und per Fax oder Briefpost versenden. Es ist für alle off-label-use-Anfragen im Bereiche der Onkologie gedacht. Für die off-label-use-Anfragen ausserhalb der Onkologie eignet es sich nicht. Wir arbeiten auch da an der Entwicklung.

Das Formular beinhaltet „Kann“- und „Muss“-Felder. Die Muss-Felder sind markiert (Feldname in fetter Schrift) und müssen ausgefüllt werden. Steht nichts drin, so reklamiert das System (rote Umrandung). Anders bei Kann-Feldern, das System akzeptiert dort auch das Leerlassen.

Das Formular kann online ausgefüllt werden. Wenn Sie mit dem Ausfüllen fertig sind, so wählen Sie „Generieren“ an. Das Formular erscheint dann in einer Form (PDF), in welcher es von Ihnen via den normalen Browserfunktionen heruntergeladen oder auch ausgedruckt werden kann.

Januar 2013
(Update July 13 / September 15)


Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

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