Dezember 2021/Update November 2022/November 2023
Reviewer: Dr. med. Herbert Bosshart
Art. 71a bis 71d KVV regeln die Vergütung von Arzneimitteln im Einzelfall. Geregelt wird die Vergütung von in der SL gelisteten Arzneimitteln, die ausserhalb der Fachinformation (off label use) und ausserhalb der Limitierung (off limitation use) eingesetzt werden (Art. 71a KVV), von in der Schweiz zugelassenen, aber nicht gelisteten Arzneimitteln (off list use, Art. 71b) und von (nur) im Ausland zugelassenen Arzneimitteln (unlicensend use, Art. 71c). Die Regeln für den off list use (Art. 71b) gelten auch für die von der Zulassungspflicht befreiten verwendungsfertigen Magistralrezepturen (BGE 144 V 333 E. 10.6).
Das Verfahren richtet sich nach Art. 71d KVV: Die OKP übernimmt die Kosten des Arzneimittels nur auf besondere Gutsprache des Versicherers nach vorgängiger Konsultation des Vertrauensarztes oder der Vertrauensärztin (Abs. 1). Der Versicherer überprüft, ob die von der OKP übernommenen Kosten in einem angemessenen Verhältnis zum therapeutischen Nutzen stehen (Abs. 2). Ist das Gesuch um Kostengutsprache vollständig, so entscheidet der Versicherer innert zwei Wochen darüber (Abs. 3). In einem Einzelfall, die Vergütung einer CAR-T-Zelltherapie betreffend, hatte die betreffende Kasse (SLKK) das Gesuch derart zögerlich behandelt, dass der Versicherte im Zeitpunkt des Urteils des Bundesgerichts (9C_170/2021 vom 14. April 2021) bereits verstorben war, was das aufsichtsführende Bundesamt (BAG) zu konkrete Weisungen ihr gegenüber veranlasste (https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/das-bag/aktuell/news/news-30-09-2022.html).
Damit ein Arzneimittel im Einzelfall von der OKP vergütet wird, ist gemäss Art. 71a Abs. 1 KVV vorausgesetzt, dass entweder ein Behandlungskomplex vorliegt oder
Alle hier genannten Voraussetzungen müssen – kumulativ – erfüllt sein, um die Leistungspflicht des Versicherers auszulösen. Wenn der Versicherer den Standpunkt vertritt, eine oder mehrere dieser Voraussetzungen sei nicht erfüllt, lehnt er eine Kostenübernahme ab. Ist die versicherte Person damit nicht einverstanden, entscheidet das kantonale Versicherungsgericht und danach allenfalls das Bundesgericht, wie es sich damit verhält. Die nachstehende Zusammenstellung dieser Gerichtspraxis lässt erkennen, wie die einzelnen Kriterien in der Anwendung zu verstehen sind.
Als lebensbedrohend beziehungsweise schwere und chronische Gesundheitsbeeinträchtigungen nach sich ziehend hat die Gerichtspraxis folgende Krankheiten eingestuft:
Verneint wurde die Voraussetzung einer schweren Gesundheitsbeeinträchtigung bei den folgenden Krankheiten: Erektionsstörungen (BGer 9C_91/2010), Erwachsenen-ADHS (BGer 9C_785/2011), Hyponatriämie / SIADH (ZH KV.2011.00019).
Voraussetzung einer fehlenden therapeutischen Alternative:
Bei dieser Voraussetzung ist die Frage zu beantworten, ob bezogen auf eine bestimmte Krankheit einer bestimmten versicherten Person eine andere wirksame und zugelassene Behandlungsmethode (therapeutische Alternative) als diejenige, deren Kostenübernahme beantragt wurde, verfügbar ist.
In folgenden Konstellationen hat die Gerichtspraxis das Fehlen einer therapeutischen Alternative und damit die entsprechende Leistungsvoraussetzung bejaht:
In folgenden Konstellationen hat die Gerichtspraxis das Fehlen einer therapeutischen Alternative verneint, hat also das Verweigern der Kostenübernahme durch den Versicherer bestätigt:
Voraussetzung eines grossen therapeutischen Nutzens separater Eintrag (September 2021, Link)
Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte
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