Oktober 2022
Reviewer: Dr. med. Herbert Bosshart
Hintergrund:
Hochdurchsatzsequenzierungen (HTS) (= Begriff in der Analysenliste; in der klinischen Praxis auch next generation sequencing, Panel-/Exomsequenzierung genannt) werden heute zunehmend auch in der Schwangerschaft nach unauffälligem Microarray durchgeführt, da die Diagnose einer genetischen Grunderkrankung
Eine monogene Erkrankung wird durch eine einzelne Veränderung (=Mutation oder pathogene Variante) in der DNA-Sequenz eines einzelnen Gens verursacht. Mehrere oder viele verschiedene monogene Erkrankungen können jedoch ein identisches klinisches Symptombild haben. HTS erlaubt gleichzeitig viele Gene zu sequenzieren, sodass die eine ursächliche Variante und damit Diagnose identifiziert werden kann.
Eine erhöhte Nackentransparenz und/oder anderweitige fetale Anomalien im pränatalen Ultraschall stellen eine Risikoerhöhung für monogene Erkrankungen dar, insbesondere, wenn keine Chromosomenstörung als Ursache nachgewiesen wurde.
Die zusätzliche Diagnoserate für eine monogene Erkrankung mit HTS liegt nach gegenwärtiger Kenntnis im Mittel bei etwa 30%. HTS sind aufwändige Untersuchungen. Das Abwarten von Zusagen von Kostengutspracheanträgen ist in der klinischen Praxis nicht möglich, wenn ein Ergebnis der Untersuchung möglichst noch vor der 24.Schwangerschaftswoche vorliegen soll. Gleichzeitig muss die Qualität des Ultraschalls, die klinische Indikationsstellung und genetische Beratung der Patientin gesichert werden, um die Aussagekraft der Untersuchung zu maximieren und/oder unnötige Untersuchungen oder schädliche Folgen zu vermeiden.
Gemäss KLV, Art 13d besteht die Indikation für eine invasive Diagnostik (Chorionbiopsie, Amniozentese)…..»bei Schwangeren, bei denen aufgrund des Ultraschallbefundes, der Familienanamnese oder aus einem anderen Grund ein Risiko von 1:380 oder höher besteht, dass beim Fötus eine ausschliesslich genetisch bedingte Erkrankung vorliegt….“
Dieses Risiko ist u.a. dann gegeben, wenn im Ultraschall fetale Anomalien nachgewiesen werden. Gemäss AL wird daher eine Microarray-Untersuchung (6107.35) unter folgender Limitation vergütet: „Limitation….. d. erhöhte Nackentransparenz (> 95. Perzentile) oder anderweitige fetale Ultraschallanomalien nach Ausschluss der klassischen Trisomien an fetalem Material….“
Die Einordnung der gemessenen fetalen Nackentransparenz in mm ist abhängig vom Schwangerschaftsalter (Aussagekraft normiert auf das 1.Trimenon in der 11+0 bis 13+6 SSW, entspricht 12.-14.SSW) und von der gleichzeitig gemessen fetalen Scheitel-Steiss-Länge. Eine Erhöhung, und damit Vergleichbarkeit, wird daher durch Perzentilenwerte (Erhöhung >P95) angegeben (wie z.B. auch bei der Einordnung der kindlichen Körpermasse in der Pädiatrie) und ist für ein Kostengutsprachegesuch ausreichend.
Aufgrund folgender Voraussetzungen ist eine Kostenübernahme der pränatalen HTS zweckmässig und sollte im Sinne der Patientin unter entsprechenden Bedingungen vorausgesetzt werden:
Relevante Literatur:
International Society for Prenatal Diagnosis Updated Position Statement on the use of genome-wide sequencing for prenatal diagnosis. Van den Veyver IB, Chandler N, Wilkins-Haug LE, Wapner RJ, Chitty LS, ISPD Board of Directors. Prenat Diagn. 2022;42:796-803.
Diagnostic yield of exome sequencing for prenatal diagnosis of fetal structural anomalies: A systematic review and meta-analysis. Mellis R, Oprych K, Scotchman E, Hill M, Chitty LS.Prenat Diagn. 2022 Feb 15. doi: 10.1002/pd.6115. Online ahead of print.
Monaghan KG, Leach NT, Pekarek D, Prasad P, Rose NC; ACMG Professional Practice and Guidelines Committee. The use of fetal exome sequencing in prenatal diagnosis: a points to consider document of the American College of Medical Genetics and Genomics (ACMG). Genet Med. 2020 Apr;22(4):675-680. doi: 10.1038/s41436-019-0731-7. Epub 2020 Jan 8. PMID: 31911674.
International Society for Prenatal Diagnosis; Society for Maternal and Fetal Medicine; Perinatal Quality Foundation. Joint Position Statement from the International Society for Prenatal Diagnosis (ISPD), the Society for Maternal Fetal Medicine (SMFM), and the Perinatal Quality Foundation (PQF) on the use of genome-wide sequencing for fetal diagnosis. Prenat Diagn. 2018 Jan;38(1):6-9. doi: 10.1002/pd.5195. PMID: 29315690.
Reviewed SGV/SGMG AG 29.09.2022
Isabel Filges, 02.10.2022
Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte
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