Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

SGV Manual

Periphere Arterielle Verschlusskrankheit (PAVK): was ist heute wichtig?

Autor: Dr. med. Axel Haine

Januar 2021/reviewed Januar 2022/2023

Reviewer: Dr. med. Ursula Schafroth

Die PAVK ist ein Synonym für die Manifestation der Arteriosklerose an den Bein-& Beckenarterien. Als ein Frühmarker der systemischen Arteriosklerose gilt die erektile Dysfunktion beim Mann. Dyslipidämie, Arterielle Hypertonie, Nikotinabusus, Diabetes mellitus und chronische Niereninsuffizienz zählen zu den wichtigen Risikofaktoren der Arteriosklerose im gesamten arteriellen Gefässsystem. Viele Patienten weisen daher zum Zeitpunkt der Erstdiagnose bereits mehre atherosklerotisch erkrankte arterielle Stromgebiete auf, wie z.B. koronar, cerebrovaskulär, reno- und viszeral-arteriell, Aorta und die Arterien der oberen wie unteren Extremitäten. Dies kann mit jeweils spezifischen Symptomen einhergehen.

Folgende Therapieziele bei Arteriosklerose gilt es zu berücksichtigen:

  1. Die Therapie zielt auf bestimmte arteriosklerotische Läsion(en) an einem/mehreren beliebigen arteriellen Gefässsegment(en), welche(s) für spezifische Symptome/funktionelle Defizite verantwortlich ist/sind ab UND damit ggf. zusätzlich ein spezifisches Risiko für Ereignisse (i.d.R.: Organdysfunktion-/Muskelischämie in Ruhe oder bei Belastung, gestörte Wundheilung, Embolisation und Ruheschmerz) assoziiert sein kann.
  2. Reduktion des allgemein stark erhöhten kardiovaskulären Risikos mithilfe der Pharmakotherapie und Modifikation des Lebensstils.

Therapie im asymptomatischen PAVK Stadium I nach Fontaine:

Im Fokus stehen die pharmakologische Sekundärprävention und effektive, an Zielwerten orientierte Therapie der Risikofaktoren. Eine gesunde Lebensstilmodifikation ist essentiell.

Weiterführende Informationen siehe auch ESC Clinical Practice Guidelines: 

https://www.escardio.org/Guidelines/Clinical-Practice-Guidelines/Peripheral-Artery-Diseases-Diagnosis-and-Treatment-of

Eine primäre Revaskularisation ist in der Regel nicht indiziert.

Dennoch können Ausnahmen bei selektiven Patienten mit Status nach Revaskularisation bestehen. Beispiel:

  1. Einem/r aktuell asymptomatischen Patienten/-in mit Status nach Bypass-Anlage weist in der duplexsonographischen Kontrolle eine zunehmende, hochgradige Stenose auf. Hier kann für den Erhalt eines offenen Bypasses die Revaskularisation sinnvoll in Betracht gezogen werden, um einen drohenden Bypassverschluss mit dem Risiko der kritischen Ischämie und damit assoziiert drohenden umfangreichen operativen Massnahmen abzuwenden.
  2. Bei Status nach komplexer endovaskulärer Revaskularisation kann eine „salvage“-Revaskularisation (zum Beispiel dokumentierte progrediente InStent Stenose, progrediente Stenose eine AV-Fistel bei Dialyse Patienten) hilfreich sein, um die Offenheit / Funktionstüchtigkeit zu gewährleisten.

Therapie bei Claudicatio im PAVK Stadium II A/B nach Fontaine:

Eine Thrombozytenaggregationshemmung und/oder niedrig-dosierte Antikoagulation ist ab dem Stadium II indiziert zur Risikoreduktion arteriell ischämischer Ereignisse.

Das Gehtraining ist grundsätzlich empfohlen und soll nach Möglichkeit supervisiert im Rahmen eines Gruppentrainings erfolgen: 

  • 30-45 Minuten Gehtraining
  • Mindestens 3x/Woche
  • Mindestdauer 12 Wochen

Gemeinsam mit der Revaskularisation besteht ein synergistischer Effekt, sodass die Beschwerden rasch und nachhaltig behoben werden. Das Gehtraining bleibt darum unverändert wichtig für einen günstigen Krankheitsverlauf auch nach durchgeführter Revaskularisation. 

Eine Rehabilitation berücksichtigt zudem eine Schulung zur Krankheit sowie die Aspekte der Lebensstilmodifikation und medikamentösen Sekundärprophylaxe. Hierfür besteht eine Leistungspflicht aus der Grundversicherung der Krankenkassen seit dem 01.01.2013.

Weitere Information und zertifizierte Rehablitationsprogramme finden Sie unter: 

https://www.angioweb.ch/de/Gefaesszentren_pavk

Therapie bei Wundheilungsstörung im komplizierten PAVK Stadium II:

Die Wunde hat ihren Ursprung nicht in einer gestörten arteriellen Perfusion.

Die Möglichkeit der Revaskularisation soll bei fehlender Wundheilung während spätestens 4 Wochen trotz optimaler Wundversorgung in Betracht gezogen werden.

Therapie bei Ruheschmerz und/oder Nekrose/Gangrän im PAVK Stadium III oder IV nach Fontaine:

In diesen Stadien liegt eine sog. «kritische Ischämie» vor. Eine zeitnahe Revaskularisation soll bei Vorliegen ischämisch bedingter Ruheschmerzen und/oder Wunden erfolgen, um das mit der Ischämie assoziierte erhöhte Amputationsrisiko zu senken. Die Dringlichkeit erhöht sich bei Neumanifestation einer ischämisch bedingten Neuropathie mit defizitärer Sensibilität oder Motorik. Eine Notfallsituation liegt vor.

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