Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

SGV Manual

Lymphdrainage: wann ist sie indiziert?

Autor: Martin Zurbuchen, Dipl. PT FH

Dezember 2020/reviewed Dezember 2021/2022

Co-Autor:  Claudia Lessert, Dipl. PT, MSc Health Science, CHUV

Reviewer: Dr. med. Ursula Schafroth

Manuelle Lymphdrainage (MLD) oder komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) in der Physiotherapie und medizinische Indikationen

1) Medizinische Indikationen

Primäre und sekundäre Lymphödeme, Lipödeme, Lipolymphödeme, Phlebolymphödem, Lipophlebolymphödem.

2) Stadien des Lymphödems (Klassifikation nach ISL (International Society of Lymphology)

  • Stadium 0/1a: Latentes Stadium. Lymphtransport beeinträchtigt. Subtile Veränderungen. Dieses Stadium kann Monate bis Jahre dauern.
  • Stadium 1/1b: Orthostatisches Ödem. Eiweissreiches Ödem, nur wenige, kleine, lokal begrenzte fibrosklerotische Gewebsveränderungen. Das Ödem ist noch teigig-weich, es kann mit dem Finger noch leicht eine Delle eingedrückt werden. Ein Hochlagern der Extremität (soweit möglich) reduziert in gewissem Masse die Schwellung. Das Stemmersche Zeichen ist in rund 56% der Fälle positiv (Diagnosezeichen: tellmed.ch).
  • Stadium 2: Spontan irreversibel. In diesem Stadium finden fibrosklerotische Veränderungen sowie eine Fettgewebsproliferation statt. Das Ödem ist hart und reagiert auf Hochlagern nicht mehr mit Abschwellung. Mit dem Finger lässt sich keine oder nur noch eine sehr flache Delle in die Haut drücken. Stemmersches Zeichen und Hautfaltentest positiv.
  • Stadium 3: Elephantiasis. Ausgedehnte fibrosklerotische Veränderungen sowie Fettgewebsproliferationen haben stattgefunden. Das betroffene Körperteil ist möglicherweise bis zur Unförmigkeit geschwollen. Durch die Schwellung ist die Beweglichkeit stark eingeschränkt. Die Haut neigt zu Bläschen und Fisteln, Ekzemen und schlecht heilenden Wunden. Stemmersches Zeichen und Hautfaltentest positiv.

3) Behandlung des Lymphödems (LO) in den genannten medizinischen Indikationen:

Die KPE ist der Goldstandard für die Behandlung des LO, sie ist konservativ und erfolgt in zwei Phasen. Bei chirurgischer Indikation muss ebenfalls eine konservative prä- und postoperative Behandlung erfolgen.

Intensivphase: Die erste Phase zielt darauf ab, das Volumen zu reduzieren und umfasst Hautpflege, manuelle Lymphdrainage, mehrschichtige Kompressionsbandagen und abschwellende Übungen unter Bandage. Die ambulante Therapie beinhaltet in der Regel 3-5 Sitzungen pro Woche. 

Erhaltungsphase: Die zweite Phase dient der Stabilisierung und Aufrechterhaltung des in Phase 1 erreichten Zustand. Sie beginnt, wenn sich nach maximaler Entstauung des Ödems die Messkurve des Umfanges oder Volumens abflacht. Ein Schlüsselelement dieser Phase ist das tägliche Tragen eines massgeschneiderten, flach gestrickten Kompressionsstrumpfes. Die Fortsetzung der Lymphdrainage ermöglicht die Kontrolle des Verlaufs und beinhaltet weiter die Instruktion der Hauthygienepflege, der abschwellenden Übungen, sowie das Selbstmanagement der Krankheit. Die Kompressionsbehandlung muss individuell angepasst werden. Die Behandlungsfrequenz wird progressiv reduziert und angepasst und ist abhängig vom Therapieresultat. 

MLD als isolierte Massnahme ohne Kompression hat keinen nennenswerten Effekt, die Vasomotorik der Lymphgefässe ist bestenfalls während ein paar Stunden nach MLD angeregt. Entsprechend gibt es keine nachhaltige Ödemreduktion. 

4) Evidenzbasierte Indikation für Physiotherapie (Tarifposition 7311)

Stadium 0/1a: maximal 9 Behandlungen für Instruktion Selbstmanagement, Nachtkompression. Stadium 1/1b bis 2: 2 – 3 Serien pro Jahr. Stadium 2 bis 3: bis 6 Serien pro Jahr. Die Therapien sollten frei einteilbar sein, um Intensivphasen im Wechsel mit Erhaltungsphasen durchführen zu können. Intensivphasen dauern inklusive Instruktion des Selbstmanagements und Herstellung des Kompressionsstrumpfes nicht mehr als 2-3 Wochen mit jeweils 3 bis 5 Therapieeinheiten pro Woche. Die Dauer der Erhaltungsphase wird durch den Schweregrad des Lymphödems bestimmt. 

Langzeitkostengutsprachen mit regelmässiger MLD nur dann, wenn die Problematik entsprechend dargestellt wird: es empfiehlt sich, zusätzliche objektive Verlaufskriterien einzufordern (z.B. Extremitätenumfang oder -volumen, klinische Beurteilung (Dellenbildung, Stemmerzeichen, Hautfaltentest, Spannungsschmerzen). 

Je nach Schweregrad ist eine stationäre Behandlung indiziert. Komorbiditäten und Bewegungseinschränkungen erschweren das Erreichen eines gewünschten Behandlungsresultats.

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