Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

41 Psychiatrie

Update 3. Auflage, Juni 10

Rechtliche Grundlagen

KVG

Art. 46 KVV

Gemäss Art. 46 KVV und Bestätigung von dessen Gesetzeskonformität (BGE 125 V U288) gehören freiberufliche (selbständig und auf eigene Rechnung tätige) Psychotherapeuten nicht zu jenen medizinischen Hilfspersonen, die berechtigt sind, Leistungen zu Lasten der OKP zu erbringen.

Art. 48-50 KVV

Diese Artikel beschreiben den Nachweis, den Ergotherapeuten, Pflegefachleute und Logopäden für die Abrechnung von psychiatrischen Leistungen zu Lasten der OKP zu erbringen haben.

Art. 2 und 3 KLV

Ambulante Psychotherapie

Für Psychotherapien, die vor dem 01.01.2007 begonnen wurden, gilt weiterhin die alte Fassung der Art. 2 und 3 KLV, wonach Psychotherapien übernommen werden nach Methoden, welche mit Erfolg an anerkannten psychiatrischen Institutionen angewendet werden.

Nicht übernommen werden Psychotherapien, die nicht auf die Behandlung einer Krankheit sondern zum Zweck der Selbsterfahrung/-verwirklichung gerichtet sind. Übernommen werden in den ersten 3 Jahren max. 2 einstündige Sitzungen/Woche, in den folgenden 3 Jahren max. 1 einstündige Sitzung/Woche und danach max. 1 einstündige Sitzung alle 2 Wochen. In begründeten Einzelfällen sind Ausnahmen möglich. Indikation, Frequenz und Dauer der Psychotherapie müssen jährlich durch den Vertrauensarzt überprüft werden.

Seit dem 01.07.2009 gilt der Grundsatz, dass die Kosten für Leistungen der ärztlichen ambulanten Psychotherapie nach Methoden übernommen werden, deren Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist. Die Psychotherapie wird definiert als eine Form der Therapie von psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, die ein definiertes therapeutisches Ziel anstrebt, vorwiegend auf der sprachlichen Kommunikation beruht, aber eine unterstützende medikamentöse Therapie nicht ausschliesst, auf einer Theorie des normalen und pathologischen Erlebens und Verhaltens sowie einer aetiologisch orientierten Diagnostik aufbaut, die systematische Reflexion und die kontinuierliche Gestaltung der therapeutischen Beziehungen beinhaltet, sich durch ein Arbeitsbündnis und durch regelmässige und vorausgeplante Therapiesitzungen auszeichnet und als Einzel-, Paar-, Familien- oder Gruppentherapie durchgeführt wird.

Die OKP übernimmt zunächst die Kosten für höchstens 40 Abklärungs- und Therapiesitzungen. Soll die Psychotherapie danach zu Lasten der OKP fortgesetzt werden, so hat der behandelnde Arzt dem Vertrauensarzt rechtzeitig über die Art der Erkrankung, das Setting, den Verlauf und die Ergebnisse der bisherigen Behandlung zu berichten und einen Vorschlag über die Fortsetzung der Therapie unter Angabe von Ziel, Zweck, Setting und voraussichtlicher Dauer anzugeben. Der Bericht darf nur Angaben enthalten, die zur Beurteilung der Leistungspflicht des Versicherers nötig sind. Der Vertrauensarzt prüft den Vorschlag und beantragt, ob resp. für welche Dauer die Psychotherapie zu Lasten der OKP fortgesetzt werden kann.

Art. 6 KLV

Ergotherapie

Art. 7 KLV

Psychosoziale Spitex:

Umschreibung der Leistungen auch für psychisch kranke Personen

Anhang 1, KLV, 8 Psychiatrie

Div. Bestimmungen, u.a. Substitutionstherapien bei Opiatabhängigkeit

IVG

Im IVG versicherte Gesundheitsschäden und deren psychiatrische Beurteilung

Zu beachten ist, dass in der IV die soziale Komponente des WHO-Gesundheitskonstruktes nicht versichert ist. Als Gesundheitsschäden gelten nur die bio-psychischen Dimensionen. Soziale ungünstige Faktoren können nur dann von der Versicherung gewertet werden, wenn sie zu eindeutigen eigenständigen Krankheitsbildern geführt haben (z. B. Depression). Dies bedeutet, dass der Arzt psychiatrisch, d.h. bio-psycho-sozial, beurteilt, aber daneben auch sagen soll, was wäre, wie z.B. die Arbeitsfähigkeit zu bestimmen wäre, wenn die soziale Dimension dahinfallen würde. Damit kann die Versicherung entscheiden, ob und was sie versicherungstechnisch übernehmen kann. Es handelt sich dabei also um ein zweistufiges Vorgehen, zuerst medizinisch und dann rechtlich.

Als relevant für Leistungen der IV können nur solche psychischen Gesundheitsstörungen gelten, die eine gewisse Schwere und damit Auswirkungen auf das allgemeine soziale Funktionsniveau einschliesslich der Arbeitsfähigkeit haben. Des Weiteren muss gemäss der Rechtsprechung das Störungsbild so geartet sein, dass eine Überwindung der Symptome objektiv nicht zumutbar ist.

Grundsätzlich sind für die Feststellung einer AUF im Bereich der psychischen Störungen Diagnosen gemäss ICD oder DSM erforderlich und die Höhe einer AUF muss von den symptombedingten Funktionsstörungen abgeleitet und begründet werden.

Bei neueren unklar definierten Zuständen wie Burnout-Syndrom oder Mobbing ist zu klären, inwieweit es sich bei der vorliegenden Symptomatik um ein reaktives, auf eine bestimmte Arbeitsplatzsituation bezogenes Bild handelt. Bei Mobbing handelt es sich um ein interpersonelles Phänomen, nicht um eine psychiatrische Diagnose. Haben solche Situationen zu einer relevanten Gesundheitsstörung (z. B. Depression) geführt, ist diese Gesundheitsstörung zu behandeln und in einem evtl. IV-Verfahren zu überprüfen.

Nicht selten wird Versicherten unmittelbar im Anschluss an eine Kündigung vom behandelnden Arzt eine AUF aus psychischen Gründen attestiert, auch wenn vorher keine psychische Störung bekannt war. Solche Zeugnisse sind sehr kritisch zu prüfen, insbesondere, wenn die AUF länger bescheinigt wird.

Bei Störungen, deren Symptomatik sich der direkten Beobachtung bzw. objektivierenden Überprüfung entziehen, wie z. B. somatoforme oder dissoziative Störungen, handelt es sich um in der medizinischen Wissenschaft anerkannte Störungsbilder, bei denen die Rechtsprechung jedoch davon ausgeht, dass die Symptomatik üblicherweise nicht so schwer ausgeprägt ist, als dass man den Versicherten nicht zumuten könnte, trotz der Beschwerden zu arbeiten. In diesen Fällen erfolgt die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit deshalb auch in zwei Schritten, zunächst psychiatrisch aufgrund festgestellter Funktionseinschränkungen. In einem zweiten Schritt überprüft die Verwaltung, resp. im Streitfall der Richter, ob aus rechtlicher Sicht effektiv Ausnahmen vorhanden sind, die eine AUF begründen, aktuell anhand der so genannten Förster-Kriterien. Es ist aus diesem Grund unerlässlich, dass im medizinischen Bericht zu den Förster-Kriterien oder anderen Beurteilungskriterien der psychischen Ressourcen Stellung genommen wird.

Generell gilt, dass eine Diagnose per se noch nichts über die Auswirkungen der konkreten Symptomatik auf die Arbeitsfähigkeit vorauszusagen vermag; so werden z. B. auch bei korrekt gestellter Diagnose einer PTSD üblicherweise keine wesentlichen Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit erwartet.

Bereich Psychiatrie/Psychotherapie für Kinder und Jugendliche

Ist die behandlungsbedürftige Störung die Folge eines sog. Geburtsgebrechens nach der „Verordnung über Geburtsgebrechen“ GgV, dann übernimmt die IV gemäss Art. 13 IVG die Funktion der Krankenversicherung (mit einem einheitlichen Taxpunktwert und ohne Kostenbeteiligung für die Betroffenen).

Ist die behandlungsbedürftige Störung zwar nicht Folge eines anerkannten oder anerkennungsfähigen GGs, beeinträchtigt aber die weitere Schulbildung oder würde unbehandelt zu einem bleibenden Schaden führen, der die künftigen beruflichen Chancen dieser Person deutlich schmälert, so können durch die IV therapeutische Leistungen nach Art. 12 IVG finanziert werden. Dies sind vor allem psychotherapeutische Leistungen.

Abgelehnt wird eine Kostengutsprache nach Art. 12 IVG in Fällen von Leidensbehandlung. Dies sind Fälle von langwierigen und schweren psychischen Störungen, wo unabhängig von Ausbildungsperspektiven aufgrund der Symptomatik in jedem Falle eine Behandlung erfolgen würde und auch die Prognose ungewiss ist (z. B. schwere Essstörungen).

Auflagen zur Mitwirkung der versicherten Person bei Behandlung und oder Abklärung

Stellt man bei der Fallprüfung fest, dass bei einer behandelbaren Störung die evidenzbasierten üblichen und zumutbaren Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft wurden, so wird der versicherten Person mitgeteilt, dass sie sich zu diesem Zweck in die geeignete (fach-)ärztliche Behandlung begeben soll (allenfalls einschliesslich Einnahme von Psychopharmaka). Die Kosten hierfür übernimmt die OKP.

Fordert die IV im Rahmen ihrer Abklärungsbemühungen wiederholte Untersuchungen, z. B. zur Überprüfung einer evtl. erforderlichen Abstinenz von psychotropen Substanzen, so übernimmt üblicherweise die IV diese Kosten.

UVG

Zu den Aufgaben des Versicherungspsychiatrischen Dienstes der Suva oder eines beauftragten externen Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie gehört u.a. die Begutachtung zu folgenden Fragen:

  • Kausalzusammenhang psychischer Störungen mit einem Unfallereignis
  • Psychische Symptome, die nach Unfallereignissen erkannt werden, können durch das Unfallereignis verursacht, können aber auch unabhängig vom Unfallereignis sein

Zu untersuchen ist, ob bzw. in welcher Form ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht. Zu unterscheiden ist, ob die psychische Störung durch das Unfallereignis verursacht wurde im Sinne der einzigen bzw. der Hauptursache. Die Störung kann auch durch das Unfallereignis ausgelöst worden sein (z.B. eine psychotische Episode), sie kann richtunggebend verschlimmert werden (z.B. eine Persönlichkeitsstörung). Alle diese Zusammenhänge gelten als teilkausal. Die Störung kann aber auch erst nach dem Unfallereignis aufgetreten sein resp. unabhängig vom Unfall auftreten. Oder der Unfall kann eine Gelegenheitsursache darstellen. Die Aufgabe des Experten besteht dabei in erster Linie darin, die Art des natürlichen Kausalzusammenhanges darzustellen bzw. darzulegen, warum kein natürlicher Kausalzusammenhang besteht.

Fragen zu Behandlungen müssen im Hinblick auf die Indikation zur Therapie im Allgemeinen beantwortet werden, zusätzlich zur Eignung einer bestimmten Therapie. Bei Bedarf werden deshalb auch Verlaufsuntersuchungen durchgeführt, insbesondere bei schwierigen Abgrenzungen und Übergängen (s.u.).

Weil die Behandlungen zu Lasten des Unfallereignisses gehen, solange noch somatische Unfallfolgen vorliegen bzw. bei bestätigter Adäquanz, solange noch eine (Teil-)Kausalität der Beschwerden um Unfallereignis gegeben ist, stellen sich Fragen zur Behandlung unter Umständen auch über längere Verläufe.

Suizid und Unfallereignis

Der Anspruch auf Versicherungsleistungen erlischt, wenn ein Versicherter den Gesundheitsschaden oder den Tod absichtlich herbeigeführt hat (Art. 37 UVG). Die Ausnahmen sind in Art. 48 UVV festgehalten:

"…wenn der Versicherte zur Zeit der Tat ohne Verschulden gänzlich unfähig war, vernunftgemäss zu handeln oder wenn die Selbsttötung, der Selbsttötungsversuch oder die Selbstverstümmelung die eindeutige Folge eines versicherten Unfalles war".

Fachärztlich untersucht werden muss deshalb, ob der Versicherte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zum fraglichen Zeitpunkt vollständig urteilsunfähig war. Dazu gehört die Prüfung, ob es Hinweise auf eine psychische Störung gab. Aufgrund einer möglichst detaillierten Dokumentation muss der psychische Befund zum fraglichen Zeitpunkt rekonstruiert werden, getrennt davon auch der Handlungsablauf. Es muss geprüft werden, ob die psychische Störung einer Geisteskrankheit, Geistesschwäche oder schweren Störung des Bewusstseins gleichkommt und schliesslich eine Stellungnahme gemacht werden dazu, wie verlässlich die Beurteilung ist. Die Rechtsprechung fordert dafür die Anhörung der Angehörigen bzw. bei Suizidversuchen des Versicherten.

Integritätsentschädigung

Die Schätzung des Integritätsschadens bei psychischen Unfallfolgen ist Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie vorbehalten, die über eingehende Erfahrung in der versicherungspsychiatrischen Begutachtung nach dem UVG verfügen und sich insbesondere auch in das hierfür verwendete Tabellenwerk und die Problematik der Integritätsentschädigung eingearbeitet haben. Wegen seiner Bedeutung und der versicherungsrechtlichen Tragweite (spätere Haftpflichtversicherungsleistungen und Opferentschädigungen orientieren sich an der Höhe des Integritätsschadens) beansprucht die Schätzung eine Beurteilung in der Qualität eines Gutachtens.

Übergänge zwischen Krankheit und Unfallereignissen und Abgrenzungsprobleme

In der Regel sagt eine Diagnose noch nichts über den Kausalzusammenhang aus. Man kann also nicht generell davon ausgehen, dass beispielsweise eine paranoid halluzinatorische Schizophrenie nicht in Kausalzusammenhang mit einem Auffahrunfall steht. So kann z.B. auch durch ein geringeres Unfallereignis eine psychotische Episode ausgelöst werden. Entscheidend für die Verlässlichkeit der Expertenaussage ist deshalb, nicht nur von der (gutachterlichen) Momentaufnahme auszugehen, sondern sorgfältig den Verlauf vor und nach dem Unfallereignis zu analysieren. Abgrenzungsfragen zwischen Krankheit und Unfallfolgen stellen sich in unzähliger Form.

Häufige Beispiele sind:

Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) und andere Angststörungen (z.B. generalisierte resp. gemischte Angststörungen, spezifische Phobien, Panik-Attacken). Alle Formen von Angststörungen, nicht nur eine PTBS, können durch ein Unfallereignis ausgelöst werden. Angststörungen sind andererseits sehr weit verbreitet und werden im Alltag nicht immer erkannt. Sorgfältig - und getrennt voneinander - müssen deshalb Diagnose und Kausalität geprüft werden.

Das klinische Bild einer PTBS und einer Borderline Persönlichkeitsstörung ist nicht ohne weiteres unterscheidbar. Nach einem Unfallereignis muss man bei klarem zeitlichem Zusammenhang in der Regel über einen bestimmten Zeitraum von einer (Teil-)Kausalität der Symptomatik zum Unfallereignis ausgehen. Wichtig ist es auch hier, keine Diagnose zu nennen, bevor diese nicht klar gestellt werden kann. Oft zeigt sich erst im weiteren Verlauf, welche Rolle die Persönlichkeit und welche das Ereignis spielt.

Weitere Abgrenzungsfragen stellen sich bei:

  • Affektive Störungen (z.B. depressive Symptomatik im Rahmen einer Anpassungsstörung, einer rezidivierenden depressiven Störung, einer schweren depressiven Störung mit psychotischen Symptomen)
  • Schizophreniforme Störungen und Schizophrenien: Ist die Diagnose klar? Ist eine Episode abgrenzbar? Handelt es sich um eine organisch psychotische Störung, z.B. bei einer Intoxikation, bei einer Hirnverletzung, einer bekannten Systemerkrankung?
  • psychische Symptome im Zusammenhang mit leichten Unfällen, z.B. Auffahrunfällen
  • chronische Schmerzen als Teil einer (schweren) psychischen Störung, als nachvollziehbare Folge von Verletzungen oder als somatoforme (Schmerz-)Störung
  • Psychische Symptomatik als Teil der körperlichen Unfallfolgen (z.B. Neuro-Borreliose)
  • Psychischen Störungen als Behandlungsfolge bzw. Komplikation wie z.B. Abhängigkeitsstörungen von Opiaten, Depressive Syndrome bei Interferon-Therapie, manische und depressive Syndrome bei Cortison-Th.

Rechtsprechung

KVG

K 76/02 zur Abgrenzung der nichtärztlichen delegierten Psychotherapie zur (nicht leistungspflichtigen) Psychologie, mit Verweis auf Leitentscheide:

Gestützt auf Art. 25 Abs. 2 lit. a Ziff. 1 und 3 KVG geht die ärztlich delegierte Psychotherapie zu Lasten der OKP, sofern die gemäss Rechtsprechung zum KUVG erforderlichen Voraussetzungen (Tätigkeit in den Praxisräumen des Arztes und unter dessen Aufsicht und Verantwortlichkeit) erfüllt sind (BGE 125 V 444). Das KVG hat auch daran nichts geändert, dass selbstständige nichtärztliche Psychotherapeuten nicht als Leistungserbringer zugelassen sind (Art. 46 Abs. 1 KVV; BGE 125 V 284).

Gemäss dem klaren Wortlaut von Art. 46 KVV - dessen Gesetzeskonformität das EVG in BGE 125 V 288 bestätigt hat - gehören freiberufliche (selbstständig und auf eigene Rechnung tätige) Psychotherapeuten nicht zu jenen medizinischen Hilfspersonen, die berechtigt sind, Leistungen zu Lasten der sozialen Krankenversicherung zu erbringen. Ihnen stehen die unselbstständigen (angestellten) nichtärztlichen Psychotherapeuten gegenüber. In BGE 107 V 51 hat das EVG erwogen, nichtärztliche Psychotherapeuten erbrächten eine gewisse eigenständige geistige Leistung und stünden dabei ähnlich wie ein Arzt als Vertrauensperson mit dem Patienten in Verbindung, so dass gegebenenfalls ihr Anteil an der Behandlung insgesamt quantitativ und qualitativ bedeutsamer sein könne, als dies bei der Mehrzahl anderer medizinischer Hilfspersonen der Fall sei. Ein grundsätzlicher Unterschied zu bescheideneren Hilfstätigkeiten bestehe jedoch nicht, sofern die Tätigkeit des nichtärztlichen Psychotherapeuten innerhalb des Behandlungsgesamtkomplexes im Rahmen einer Hilfsfunktion bleibe und die therapeutischen Verrichtungen delegationsfähig seien.

Im Urteil K 141/01 hat das EVG erwogen, aus der Begriffsumschreibung der (unselbstständigen) delegierten psychotherapeutischen Behandlung erhelle - namentlich mit Blick auf die Abgrenzung zur freiberuflichen psychotherapeutischen Tätigkeit - dass ein wesentliches rechtliches oder tatsächliches Subordinationsverhältnis vorliegen müsse, damit sie als Pflichtleistung anerkannt werden könne. Dieses Merkmal definiere sich nicht nur durch eine mehr oder weniger ausgeprägte organisatorische, sondern auch durch eine wirtschaftliche Abhängigkeit vom delegierenden Arzt.

Zu den Voraussetzungen der Kostenübernahme von Spitex-Leistungen an psychisch erkrankten Personen (Art. 7 KLV): BGE 131 V 178 und K 97/03

Psychisch erkrankte Personen haben zunächst wie körperlich erkrankte Anspruch auf Massnahmen der Abklärung und Beratung gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. a KLV.. Bei psychisch Erkrankten hat die Beratung den besonderen Anforderungen an die Krankenpflege bei psychischen Beeinträchtigungen Rechnung zu tragen. Im Einzelfall kann etwa die Anleitung und Einübung von Bewältigungsmechanismen (sog. Coping-Strategien), die Unterstützung in Krisensituationen oder die Beratung im Umgang mit Krankheitssymptomen erforderlich sein. Die Massnahmen dürfen indessen nicht therapeutischen Charakter aufweisen, sondern haben sich auf die pflegerische Betreuung der psychisch erkrankten Person zu beschränken. Zudem dürfen sie sich nicht in einer (vom Gesundheitsschaden bzw. der Krankenpflege unabhängigen) Beratung in persönlicher oder sozialer Hinsicht oder in der Mithilfe im Haushalt erschöpfen.

Unter der Behandlungspflege gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. b KLV sind Pflegemassnahmen mit diagnostischer oder therapeutischer Zielsetzung zu verstehen (EUGSTER, a.a.O., Rz 114). Entsprechende Massnahmen, wie beispielsweise die Verabreichung von Medikamenten durch die Pflegeperson auf Anordnung des Arztes (Ziff. 7), fallen auch bei psychisch erkrankten Personen in die Leistungspflicht der Krankenversicherer. Dagegen können keine Massnahmen vergütet werden, die psychotherapeutischen Charakter aufweisen. Anspruchsbegründend sind nur pflegerische Massnahmen in Zusammenhang mit der Untersuchung und Behandlung psychisch erkrankter Personen. Weil von den Pflegepersonen keine psychotherapeutischen Massnahmen vorgenommen werden dürfen und Beratungen hinsichtlich des Umgangs mit dem Krankheitsbild sowie stützende Gespräche in Krisensituationen - soweit keine ärztliche Intervention erforderlich ist - unter lit. a der Verordnungsbestimmung zu subsumieren sind, bleibt für Massnahmen der Behandlungspflege nach Art. 7 Abs. 2 lit. b KLV nur wenig Raum.

Schliesslich haben psychisch erkrankte Personen gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. c KLV Anspruch auf die in Ziff. 1 dieser Bestimmung genannten Massnahmen. Im Hinblick darauf, dass Art. 7 Abs. 2 lit. c Ziff. 1 KLV bei der (nicht abschliessenden) Aufzählung der in Betracht fallenden Massnahmen (unter anderem "Betten, Lagern", "Bewegungsübungen, Mobilisieren", "Hilfe bei der Mund- und Körperpflege, beim An- und Auskleiden, beim Essen und Trinken") unmittelbar auf alltägliche Lebensverrichtungen Bezug nimmt, ist Ziff. 2 der Verordnungsbestimmung in dem Sinne auszulegen, dass zur psychiatrischen und psychogeriatrischen Grundpflege Massnahmen zu rechnen sind, welche der Überwachung und Unterstützung psychisch erkrankter Personen bei der Alltagsbewältigung. Gegenstand von Massnahmen der Grundpflege nach Art. 7 Abs. 2 lit. c Ziff. 2 KLV können allerdings nur Beeinträchtigungen in den grundlegenden alltäglichen Lebensverrichtungen bilden und nur so weit, als sie krankheitsbedingt sind. Es muss sich zudem um Massnahmen der Personenhilfe und nicht der Sachhilfe (insbesondere Haushaltshilfe) handeln. Dabei geht es vorab darum, dass die psychisch erkrankte Person die alltäglichen Lebensverrichtungen wieder selbst zu besorgen vermag ("Hilfe zur Selbsthilfe").

So wenig wie ärztliche Psychotherapie nur von Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie durchgeführt werden kann (Art. 2 Abs. 1 KLV), bedarf es für die psychiatrische und psychogeriatrische Grundpflege einer fachärztlichen Anordnung. Nach Art. 8 KLV genügt ein ärztlicher Auftrag oder eine ärztliche Anordnung.

Psychische Leiden infolge äusserlicher Verunstaltungen / ästhetischen Mängeln

Regelmässig werden in diesen Fällen (namentlich bei Operationen an den Mammae und Fettschürzen) psychische Probleme zur Begründung einer Leistungspflicht herangezogen.

Leidensdruck und Komplexe in diesen Zusammenhang erreichen allerdings in der Regel nicht den erforderlichen Krankheitswert. Rechtsprechung hierzu vgl. Kapitel plastische Chirurgie.

UVG

Hier stellt sich namentlich die Frage, ob ein psychisches Leiden noch als Folge des versicherten Unfalles zu werten ist oder nicht (Frage der Kausalität). Das Bundesgericht hat hierzu die sog. „Psychopraxis“ entwickelt und eine Dreiteilung (vgl. BGE 115 V 139).

Die Bejahung des adäquaten Kausalzusammenhanges zwischen einem psychischen Leiden und einem Unfall setzt voraus, dass der Unfall objektiv eine gewisse Schwere aufweist bzw. ernsthaft ins Gewicht fällt:

IVG

Im Vordergrund stehen in der Rechtsprechung Beschwerdebilder wie z.B. Fibromyalgie oder somatoforme Schmerzstörung, die als psychische Leiden betrachtet werden und auf Grundlage derer versicherte Personen Anspruch auf IV-Leistungen erheben. BGE 130 V 352 hierzu:

Unter gewissen Umständen können auch somatoforme Schmerzstörungen eine AUF verursachen. Sie fallen unter die Kategorie der psychischen Leiden, für die grundsätzlich ein psychiatrisches Gutachten erforderlich ist, wenn es darum geht, über das Ausmass der durch sie bewirkten AUF zu befinden. In Anbetracht der sich mit Bezug auf Schmerzen naturgemäss ergebenden Beweisschwierigkeiten genügen mithin die subjektiven Schmerzangaben der versicherten Person für die Begründung einer (teilweisen) Invalidität allein nicht; vielmehr muss im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Leistungsprüfung verlangt werden, dass die Schmerzangaben durch damit korrelierende, fachärztlich schlüssig feststellbare Befunde hinreichend erklärbar sind.

Das Vorliegen eines fachärztlich ausgewiesenen psychischen Leidens mit Krankheitswert - worunter anhaltende somatoforme Schmerzstörungen grundsätzlich fallen - ist aus rechtlicher Sicht wohl Voraussetzung, nicht aber hinreichende Basis für die Annahme einer invalidisierenden Einschränkung der Arbeitsfähigkeit. Namentlich vermag nach der Rechtsprechung eine diagnostizierte anhaltende somatoforme Schmerzstörung als solche in der Regel keine lang dauernde, zu einer Invalidität führende Einschränkung der Arbeitsfähigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 1 IVG zu bewirken. Ein Abweichen von diesem Grundsatz fällt nur in jenen Fällen in Betracht, in denen die festgestellte somatoforme Schmerzstörung nach Einschätzung des Arztes eine derartige Schwere aufweist, dass der versicherten Person die Verwertung ihrer verbleibenden Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt bei objektiver Betrachtung - und unter Ausschluss von Einschränkungen der Leistungsfähigkeit, die auf aggravatorisches Verhalten zurückzuführen sind - sozial-praktisch nicht mehr zumutbar oder dies für die Gesellschaft gar untragbar ist Die - nur in Ausnahmefällen anzunehmende - Unzumutbarkeit einer willentlichen Schmerzüberwindung und eines Wiedereinstiegs in den Arbeitsprozess setzt jedenfalls das Vorliegen einer mitwirkenden, psychisch ausgewiesenen Komorbidität von erheblicher Schwere, Intensität, Ausprägung und Dauer oder aber das Vorhandensein anderer qualifizierter, mit gewisser Intensität und Konstanz erfüllter Kriterien voraus. So sprechen unter Umständen (1) chronische körperliche Begleiterkrankungen und mehrjähriger Krankheitsverlauf bei unveränderter oder progredienter Symptomatik ohne längerfristige Remission, (2) ein ausgewiesener sozialer Rückzug in allen Belangen des Lebens, (3) ein verfestigter, therapeutisch nicht mehr angehbarer innerseelischer Verlauf einer an sich missglückten, psychisch aber entlastenden Konfliktbewältigung (primärer Krankheitsgewinn ["Flucht in die Krankheit"];) oder schliesslich (4) unbefriedigende Behandlungsergebnisse trotz konsequent durchgeführter ambulanter und/oder stationärer Behandlungsbemühungen (auch mit unterschiedlichem therapeutischem Ansatz) und gescheiterte Rehabilitationsmassnahmen bei vorhandener Motivation und Eigenanstrengung der versicherten Person für die ausnahmsweise Unüberwindlichkeit der somatoformen Schmerzstörung.

Aufgaben des Vertrauensarztes

Ambulante Psychiatrie

Psychotherapie

Der behandelnde Psychiater kann die psychotherapeutischen Abklärungen und die Psychotherapie durchführen, ohne Bericht an den Vertrauensarzt, sofern diese Massnahmen nicht die Anzahl von 40 Sitzungen überschreiten. Die KLV schreibt dabei keine Obergrenzen für die Dauer der einzelnen Psychotherapiesitzungen mehr vor. Zeitliche Begrenzungen der einzelnen Therapiesitzungen finden sich jedoch im Tarmed (Einzeltherapie Erstgespräch 90 Min., danach 75 Min.; Paar-, Familien- und Gruppentherapie 105 Min. pro Sitzung).

Soll die Psychotherapie nach 40 Sitzungen zu Lasten der OKP fortgesetzt werden, prüft der Vertrauensarzt den Vorschlag des behandelnden Psychiaters zur Fortsetzung der Therapie und beantragt, ob und für welche Dauer die Psychotherapie fortgesetzt werden kann. Falls die Psychotherapie danach aus Sicht des behandelnden Psychiaters fortgeführt werden soll, muss dieser erneut einen Verlaufsbericht an den Vertrauensarzt senden.

Es ist nicht Sache des Vertrauensarztes zu bestimmen, ob eine Psychotherapie oder eine integrierte psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung (IPPB) durchzuführen ist, also die Indikation für die Psychotherapie zu stellen. In seinem Vorschlag an die Leistungsabteilung des Krankenversicherers ist er auch nicht befugt, das vom behandelnden Psychiater in seinem Bericht beschriebene Setting zu verändern oder die Psychotherapiemethode zu bestimmen, sofern deren Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist.

Ist der Vertrauensarzt jedoch der Meinung, dass das angestrebte therapeutische Ziel nicht durch die vom behandelnden Psychiater vorgeschlagene Art resp. Methode oder das Setting der Behandlung erreicht werden kann, soll er seine Zweifel darlegen und vom behandelnden Psychiater verlangen, seinen Behandlungsplan näher zu begründen oder einen modifizierten Behandlungsvorschlag zu unterbreiten.

Als Richtlinie für die maximale Psychotherapiefrequenz und -Dauer, welche die WZW-Kriterien erfüllt, kann die Regelung der KLV, wie sie vor dem 01.01.2007 in Kraft war, gelten, d.h. zwei Sitzungen pro Woche in den ersten drei Jahren, eine Sitzung pro Woche in den folgenden drei Jahren und anschliessend noch eine Sitzung alle zwei Wochen. Je fokussierter und klarer ein psychisches Problem umschrieben ist, desto kürzer ist in der Regel die Dauer der Psychotherapie. Je mehr Persönlichkeitsanteile von der psychischen Störung betroffen sind, desto mehr ist in der Regel von einer langen Dauer der Psychotherapie auszugehen. So ist die Psychotherapie von Persönlichkeitsstörungen fast immer eine Langzeitpsychotherapie.

Als Methoden, deren Wirksamkeit wissenschaftlich belegt sind, gelten die drei wichtigsten Psychotherapie-Methoden und deren Modifikationen: die psychoanalytische oder psychodynamische, tiefenpsychologische Psychotherapie, die systemische Psychotherapie und die Verhaltenstherapie.

Eine Psychotherapie schliesst die medikamentöse Behandlung mit Psychopharmaka nicht aus. Aus diesem Grund fallen integriert psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlungen, bei denen der psychotherapeutische Anteil den Schwerpunkt der Behandlung bildet, unter die Bestimmungen von Art. 2 und 3 KLV.

In der Kinder- und Jugendpsychotherapie ist Elternarbeit, der Kontakt mit der Schule, dem Heim oder anderen Institutionen integraler Bestandteil der psychotherapeutischen Behandlung.

Kommt der Vertrauensarzt zum Schluss, dass die Psychotherapie nicht der Behandlung einer psychischen oder psychosomatischen Erkrankung dient, beziehungsweise kein definiertes therapeutisches Ziel anstrebt, schlägt er vor, die Kostenübernahme abzulehnen.

Integrierte psychiatrische-psychotherapeutische Behandlung (IPPB)

Der grosse Anteil der psychiatrischen ambulanten Behandlungen fällt nicht unter die KLV, da es sich dabei um integrierte psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung handelt. Im Vordergrund stehen psychiatrische Langzeitbehandlungen von z.B. chronisch Schizophrenen, Patienten mit Persönlichkeitsstörungen oder Suchterkrankungen oder anderen chronischen psychischen Krankheiten, etwa chronischen affektiven Störungen. Die IPPB schliesst psychotherapeutische Gespräche ein, vorwiegend stützender (supportiver) Art, umfasst meist einen sozialpsychiatrischen Anteil (z.B. Einbezug von Angehörigen, Arbeitgeber, Behörden, Heimen), das Medikamentenmonitoring und ärztliche psychagogische, führend-beratende Massnahmen.

Die Indikation zur IPPB wird durch den behandelnden Psychiater gestellt. Für deren Durchführung gibt es keine definierten Kriterien bezüglich Frequenz, Methode oder Dauer der Behandlung und ob Medikamente eingesetzt werden.

Die IPPB erfolgt nach den üblichen WZW-Kriterien. Der behandelnde Psychiater ist nicht gehalten, von sich aus darüber dem Vertrauensarzt zu berichten. Die Versicherung ist jedoch befugt, zuhanden des Vertrauensarztes vom behandelnden Arzt einen Bericht zur Überprüfung der WZW-Kriterien (gem. Art. 32, KVG) zu verlangen.

Übergänge Psychotherapie - IPPB

Die Art der Behandlung kann sich im Verlauf verändern. So kann z.B. in der ersten Behandlungsphase einer Depression die antidepressive Medikation von zentraler Bedeutung sein, während die psychotherapeutischen Gespräche nicht im Vordergrund stehen. Dabei würde es sich um eine IPPB handeln. Nach Besserung der Symptomatik kann jedoch ein klares psychotherapeutisches Setting mit einer bestimmten Psychotherapiemethode indiziert sein, worauf der Fall nun unter die Meldepflicht von Art. 2 und 3 KLV fällt.

Auch eine ambulante Krisenintervention entspricht in der Regel einer IPPB, falls die in der Krise notwendige Erhöhung der Sitzungsfrequenz nicht genügt und weitere Massnahmen, etwa ein vorübergehend intensiviertes Medikamentenmonitoring, durchgeführt oder Kontakte mit Bezugspersonen hergestellt werden müssen.

Übergänge von Psychotherapie zu IPPB und umgekehrt sind also jederzeit möglich.

Delegierte Psychotherapie

Delegierte Psychotherapie geht zu Lasten der OKP und bedeutet, dass eine psychotherapeutische Behandlung oder der Anteil Psychotherapie im Rahmen einer IPBB vom Arzt an einen fachlich qualifizierten nichtärztlichen Psychotherapeuten delegiert wird. Gemäss der ständigen Rechtssprechung ist die delegierte Psychotherapie eine PL, wenn der Psychotherapeut in den Praxisräumen des Arztes, unter seiner direkten Aufsicht und Verantwortung und in einem Anstellungsverhältnis arbeitet.

Die Leistung muss überdies überhaupt delegierbar sein, was grundsätzlich in der Entscheidung und Verantwortung des delegierenden Arztes liegt. Solche Leistungen gelten rechtlich als vom Arzt erbracht und müssen von ihm im eigenen Namen verrechnet werden. Die delegierenden Ärzte sind somit dafür verantwortlich, dass die Psychotherapie den WZW-Anforderungen genügt und sind gehalten, die Psychotherapie persönlich zu überwachen.

Delegierte Psychotherapie unterliegt immer den Bestimmungen von KLV Art. 2 und 3, auch wenn sie nur den Anteil der Psychotherapie im Rahmen einer IPPB umfasst.

Die Kriterien zur Anerkennung resp. Abrechnungsberechtigung finden sich in der Vereinbarung über die Anerkennung von Sparten nach Tarmed (Beilage G: "Anerkennung" delegierte Psychotherapie in der Arztpraxis). Demnach muss zusammengefasst der delegierende Arzt über die qualitative Dignität "Kinder- und Jugendpsychiatrie und –Psychotherapie", "Psychiatrie und Psychotherapie" oder den "Fähigkeitsausweis delegierte Psychotherapie" verfügen. Die ausführenden nichtärztlichen Psychotherapeuten müssen bezüglich Aus- und Weiterbildung verschiedene Bedingungen erfüllen. Die delegierte Psychotherapie wird pro Arzt auf maximal vier Therapeuten und/oder hundert Wochenstunden beschränkt. Eine Liste mit den angestellten Psychotherapeuten wird nicht geführt. Es wird auf die Bescheinigung des delegierenden Arztes abgestützt.

Auch für die delegierte Psychotherapie gilt, dass Psychotherapien, die nicht der Abklärung und Behandlung einer Krankheit dienen, keine Pflichtleistung darstellen.

Angeordnete (nicht ärztliche) Psychotherapie (VVG)

Bei der angeordneten nicht ärztlichen Psychotherapie, welche keine PL nach KVG darstellt, sondern allenfalls von einer Versicherung im Rahmen des VVG übernommen werden kann, handelt es sich um eine ärztlicherseits als indiziert erachtete und angeordnete Psychotherapie, die von einem selbständig, eigenverantwortlich tätigen nichtärztlichen Psychotherapeuten ausgeführt wird. Auch hier gilt, dass es sich um eine Behandlung einer psychischen Krankheit handeln muss und dass anderseits Psychotherapien zum Zweck der Selbsterfahrung, Selbstverwirklichung, Persönlichkeitsreifung oder zu anderen nicht auf die Behandlung der psychischen Erkrankung gerichteten Zwecken nicht übernommen werden. Die Kostenbeteiligungen der Krankenversicherer liegen bei maximal CHF 5000 pro Kalenderjahr.

Psychosoziale Spitex

Wie bei der somatischen Krankenpflege zuhause werden zu Lasten der OKP auch Leistungen der psychiatrisch ambulanten Pflege übernommen. Voraussetzung sind ein psychischer Gesundheitsschaden mit Krankheitswert und dessen ärztliche Behandlung. Grundsätzlich handelt es sich dabei um Massnahmen der Abklärung und Beratung beim und im Umfeld des Patienten und um Beratung des Patienten und gegebenenfalls weiteren Mitwirkenden im Umgang mit Krankheitssymptomen, bei der Einnahme von Medikamenten und Vornahme der notwendigen Kontrollen. Die Massnahmen der ambulant psychiatrischen Pflege müssen in ein durch den behandelnden Arzt koordiniertes Behandlungskonzept eingebunden sein. Der Austausch zwischen den beiden Leistungserbringern ist für die Behandlung wichtig.

Art. 7, KLV, nennt als Massnahmen der Untersuchung und der Behandlung auch für psychisch Kranke pflegerische Massnahmen zur Umsetzung der ärztlichen Therapie im Alltag, wie Einüben von Bewältigungsstrategien und Anleitung im Umgang mit Aggression, Angst, Wahnvorstellungen, und die Unterstützung für psychisch Kranke Personen in Krisensituationen insbesondere zur Vermeidung von akuter Selbst- oder Fremdgefährdung.

Des weitern werden übernommen Massnahmen der Grundpflege zur Überwachung und Unterstützung psychisch kranker Personen in der grundlegenden Alltagsbewältigung wie: Einarbeitung und Einübung einer angepassten Tagesstruktur, zielgerichtetes Training zur Gestaltung und Förderung sozialer Kontakte, Unterstützung beim Einsatz von Orientierungshilfen und Sicherheitsmassnahmen.

Solche Abklärungen und Massnahmen bei psychischen Krankheiten müssen von Pflegefachleuten vorgenommen werden, die eine zweijährige praktische Tätigkeit in der Fachrichtung Psychiatrie nachweisen können.

Keine PL im Rahmen der psychosozialen Spitex sind etwa psychotherapeutische Behandlungen (u.a. Verhaltenstherapie), Haushalthilfe oder Lebensberatung.

Ambulante Ergotherapie

Im Rahmen einer psychiatrischen Behandlung werden die Kosten der Leistungen von Ergotherapeuten übernommen. Für die Behandlungsdauer gelten die gleichen Bedingungen wie für die allgemein erbrachte Ergotherapie nach Art. 6 KLV. Gerade bei psychiatrischen Langzeitbehandlungen beziehungsweise bei schwer psychisch Kranken (z.B. Schizophrenie) ist eine psychiatrische Ergotherapie oft eine sinnvolle Ergänzung zur Behandlung beim Arzt.

Tagesklinische (intermediäre) psychiatrische Behandlung

Alle psychischen Störungen, die auf eine ambulante Behandlung nicht oder nur ungenügend angesprochen haben, können als Indikation für eine tagesklinische Behandlung gelten. Bedingung ist, dass der Patient eine Wohnmöglichkeit hat und dass bei Exazerbation der psychischen Störung die Möglichkeit der Verlegung in ein Kriseninterventionszentrum (stationär) oder eine psychiatrische Klinik besteht. Kontraindikationen für tagesklinische Behandlungen sind Fremdgefährdung, akute Erregungszustände, akute Manie, akute Selbstgefährdung ohne Absprachefähigkeit, schwerste Depression oder aktiver Suchtmittelkonsum mit akuten Intoxikationen.

Das Behandlungskonzept ist grundsätzlich vergleichbar mit stationären Behandlungen. Früher wurden tagesklinische Behandlungen v.a. im Anschluss an eine stationäre Behandlung durchgeführt (Nachschaltkonzept). Heute besteht die Tendenz solche schon vor einer stationären oder an Stelle einer stationären Behandlung durchzuführen (Vorschaltkonzept).

Zu berücksichtigen ist, dass es verschiedene Arten von Tageskliniken gibt, die je nach Vorliegen von bestimmten Störungen indiziert sind: allgemein psychiatrische Tagesklinik, Psychotherapie-Tagesklinik, Sucht-Tagesklinik, Alters-Tagesklinik.

Es ist bekannt, dass mittel- bis langfristig 20%-30% der vollstationär behandelten Patienten bei vergleichbarem psychopathologischen outcome (effektivitätsäquivalent) und besserem sozialen Funktionsniveau ( Patienten können in ihrem Beziehungsumfeld bleiben) von einer akutpsychiatrischen tagesklinischen Behandlung profitieren könnten. Dies bei gleicher Patientenzufriedenheit der tagesklinischen beziehungsweise der vollstationären Behandlungsform. Heute ist je nach Konzept eine Behandlungsdauer von 2 bis 3 Monaten üblich. Bei psychotherapeutischen Tageskliniken ist die Behandlungsdauer in der Regel länger als bei psychiatrischen Akuttageskliniken.

Tageskliniken entsprechen einem modernen Behandlungskonzept, vereinbaren sie doch eine umfassende psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung mit dem Verbleiben im eigenen sozialen Netz. Es resultiert eine starke Interaktion zwischen Real- und Therapiewelt, eine tägliche Auseinandersetzung mit Trennung, geringere Regressionsmöglichkeiten sowie weniger Stigmatisierung.

Hervorzuheben ist, dass bei tagesklinisch psychiatrischer Behandlung psychiatrische Einzelgespräche in der Tagesklinik oder aber extern beim ambulant behandelnden Psychiater durchgeführt werden sollen. Bei letzterem muss ein guter Informationsaustausch zwischen den beiden Leistungserbringern vorausgesetzt werden.

Stationäre psychiatrische Behandlung

Indikation

Es gibt vier Indikationen für eine stationäre psychiatrische Behandlung:

  • Der Schweregrad der psychischen Störung, der keine ambulante bzw. tagesklinische Behandlung zulässt
  • Akute Selbst- und/oder Fremdgefährdung (Klinikeinweisung mittels fürsorgerische Freiheitsentziehung)
  • Nach erfolgloser ambulanter und/oder tagesklinischer psychiatrischer Behandlung, wobei von einer stationären Behandlung ein besserer Erfolg erwartet werden darf
  • Bei psychiatrischer oder somatischer Komorbidität, von der erwartet werden kann, dass sie mit einer stationären Massnahme erfolgreich behandelt werden kann

Grundsätzlich gelten für psychiatrische die gleichen rechtlichen Kriterien wie für somatische stationäre Behandlungen.1

Vor oder bei Klinikeintritt muss von der Klinikadministration ein Kostengutsprachegesuch mit der vorläufigen Diagnose nach ICD 10 (zweistellig) bei der Leistungsabteilung des Krankenversicherers eingereicht werden. Diese befindet über das Gesuch und empfiehlt Kostengutsprache für 30 bis 90 Tage (unterschiedliche Handhabung je nach Krankenversicherer).

Soll die stationäre psychiatrische Behandlung verlängert werden, ist vor Ablauf der Kostengutsprache vom behandelnden Klinikarzt ein Verlängerungsgesuch an den Vertrauensarzt des Krankenversicherers einzureichen. Es soll über die folgenden Aspekte Auskunft geben:

  • Diagnose nach ICD-10: möglichst genaue Angaben (vierstelliger ICD-10-Code)
  • Bisheriger Therapieverlauf und Behandlungsmodule: kurze Stellungnahme was bisher durch welche Intervention erreicht und allenfalls verbessert werden konnte (WZW-Kriterien ausgewiesen?)
  • Aktuelle Medikation und Dosierung: genaue Angaben auch über allfällige Nebenwirkungen, Plasmaspiegel, Medikamentenumstellungen
  • Aktueller psychopathologischer Befund: Angabe des aktuellen psychopathologischen Befundes (nicht desjenigen bei Klinikeintritt)
  • Indikation zur weiteren stationären Akutbehandlung: ist allenfalls ein alternatives Setting möglich (tagesklinische Behandlung, ambulante Behandlung, Langzeit-/Pflegeabteilung, betreutes Wohnen)?
  • Therapieziele: möglichst konkrete Angaben
  • Voraussichtliche Dauer der weiteren stationären Akutbehandlung: konkrete Angaben zur voraussichtlichen Dauer bis zur Entlassung oder allenfalls bis zu einem weiteren Bericht (Angaben wie "bis auf weiteres" sollen nicht akzeptiert werden)
  • Prognose: was ist vom weiteren Verlauf zu erwarten (inwiefern kann durch die weitere Akutbehandlung eine Verbesserung des psychischen Zustandes des Patienten erwartet werden)?
  • Bemerkungen

Abgrenzung Akutspital- /Pflegebedürftigkeit

Akutspitalbedürftigkeit liegt vor, solange von einer laufenden Behandlung noch eine wesentliche Verbesserung der Gesundheit erwartet werden kann. Der Aufenthalt im Akutspital zum Spitaltarif darf aber nur so lange durchgeführt werden, wie er vom Behandlungszweck her notwendig ist. Für psychiatrische Dauerpatienten gelten, auch wenn der Gesundheitszustand Schwankungen unterworfen ist, prinzipiell die Regeln für Pflegeheimpatienten, sofern nicht eine vorübergehende Verschlimmerung des Leidens wieder eine Akutspitalbedürftigkeit bewirkt.2

Sind die Voraussetzungen für die Spitalbedürftigkeit nicht mehr erfüllt, gelten gemäss Art.50 KVG die Tarifverträge mit Pflegeheimen. Wird ein Wechsel von der Akut- zur Pflegetaxe verfügt, sollte die Versicherung gemäss geltender Rechtssprechung (BGE 115 V 54) dem Spital eine Übergangsfrist von 30 Tagen gewähren, sodass eine geeignete Unterbringung organisiert werden kann.

In den letzten Jahren wurden im Rahmen des Bettenabbaus die meisten Langzeit- bzw. Pflegeabteilungen der psychiatrischen Kliniken geschlossen. Das führt oft dazu, dass Patienten, die einer stationären Langzeitbehandlung bedürfen, auf Akutstationen behandelt werden, obwohl das von ihrem Zustand her nicht zwingend nötig wäre (Spitalbedürftigkeit nicht mehr ausgewiesen); ambulant oder tagesklinisch können diese aber auch nicht behandelt werden. Gemäss Art. 39,1 d) KVG sind die Kantone für eine bedarfsgerechte Spitalversorgung zuständig. Wenn also im Rahmen der kantonalen Versorgungsplanung keine stationären Einheiten für die Versorgung von psychiatrischen Langzeitpatienten vorgesehen werden, können die daraus entstehenden Mehrkosten nicht dem Kostenträger im Rahmen der OKP aufgebürdet werden. Sie müssen somit letztlich dem einzelnen Patienten oder dem Gemeinwesen belastet werden. Diese missliche Situation führt nicht selten zu Rechtsstreitigkeiten zwischen Leistungserbringer und Kostenträger.

Literatur

  • Bundesgesetz über die Unfallversicherung. Bearbeitet von A. Rumo-Jungo. Schulthess Verlag Zürich 2003.
  • Hoffmann-Richter, U.: Zur natürlichen Kausalität psychischer Störungen aus psychiatrischer Sicht. Medizinische Mitteilungen der Suva 74 (2003) 70-93.
  • Hoffmann-Richter, U.: Die psychiatrische Begutachtung. Thieme Verlag Stuttgart 2005.
  • Hoffmann-Richter, U.; Kopp, H. G.; Marelli, R.: Integritätsschaden bei psychischen Folgen von Unfällen. Medizinische Mitteilungen der Suva 75 (2004) 101-7.
  • Portwich, P.: Die Integritätsenschädigung für psychische Unfallfolgen nach dem schweizerischen Bundesgesetz über die Unfallversicherung: Grundlagen und Hinweise für die gutachterliche Praxis. SZS 53 (2009) 331-354. Als Supplement Suva Medical 2010 im Druck.


1 ATSG Art.3; KVG Art. 25; 32; 39e; 57,6 sind in diesem Bezug von Bedeutung
2 Quelle: Gebhard Eugster, Krankenversicherung

Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

Fragen, Anregungen

Haben Sie Fragen, Bemerkungen oder Anregungen zur Gestaltung unserer Homepage?

Teilen Sie uns das doch bitte mit und kontaktieren Sie unsere Geschäftsstelle.

Geschäftsstelle

SGV
c/o MBC Markus Bonelli Consulting
Rudolf Diesel-Strasse 5
8404 Winterthur

Tel. 052 226 06 03
Fax 052 226 06 04

Email info@vertrauensaerzte.ch