Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

Epilepsie bei Kindern

Bei einem epilep­ti­schen Anfall kommt es zu vorübergehenden Symptomen ( z.B. isolierte Bewusstseinsstörung, kurze, unwillkürliche Zuckungen, grosse Anfälle ) aufgrund abnormal exzessiver oder synchroner neuronaler Aktivität. Die Internationale Liga gegen Epilepsie (ILAE) hat 2017 eine neue Klassifikation erlassen. Diese unterscheidet Anfälle mit fokalem, generalisiertem oder unbekanntem Beginn (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29197668).

Das kindliche Gehirn neigt eher zur Hypersynchronisation als das erwachsene, weshalb Gelegenheitsanfälle wie Fieberkrämpfe oder Frühanfälle nach einer Commotio cerebri häufiger sind. Solche Anfälle müssen von der Epilepsie als Krankheit abgegrenzt werden.

Diagnose

Die Diagnose erfolgt rein klinisch, und zwar wenn zwei unprovozierte Anfälle oder ein Anfall, der sich mit einer Wahrscheinlichkeit von >60% in den nächsten zehn Jahren wiederholen wird, aufgetreten sind. Die häufigsten Epilepsien sind sog. Epilepsie-Syndrome. Dazu gehören spezifische Anfallsformen, EEG-Befunde und Ursachen, v.a. genetische, sowie typische Zusatzsymptome (Bsp. Dravet-Syndrom: Anfänglich prolongierte Fieberkrämpfe, häufig halbseitig, anschliessend therapieresistente Epilepsie mit Myoklonien und generalisierten Anfällen, häufig Status epilepticus. EEG ist normal! Zusätzlich Entwicklungsstörung mit kognitiver Beeinträchtigung und Ataxie. Mutation im SCN1A Gen).

Abklärungen

Dreh- und Angelpunkt ist die Anamnese der anfallsverdächtigen Episoden. Videoaufzeichnungen können sehr hilfreich sein. Die Anamnese liefert auch entscheidende Hinweise für die Differentialdiagnose. Wichtig zu unterscheiden sind bei kleinen Kindern physiologische Phänomene wie (Schlaf)myoklonien, Tics, shuddering attacks und Affektkrämpfe, bei grösseren Kindern konvulsive Synkopen, pavor nocturnus und auch sog. nicht-epileptische (früher psychogene) Anfälle.

Wenn im EEG sog. epilepsietypische Potentiale vorhanden sind, kann das Risiko für weitere Anfälle abgeschätzt werden. Bei fokalen Befunden, Verlangsamungen oder spezifischen Graphoelementen kann das EEG Hinweise für die Ursache liefern und weitere Abklärungen, insbesondere eine Bildgebung, fokussieren.

Bei kleinen Kindern wird, wenn immer möglich, das EEG im Wachen und natürlichen Schlaf abgeleitet, um möglichst viel Information und eine artefaktarme Aufzeichnung zu gewinnen. Selten braucht es eine Sedation z.B. mit Chloralhydrat.

Bleibt die Diagnose unklar, kann ein Langzeit-EEG indiziert sein.

Bildgebung:

Bei fokalen Epilepsien wird immer ein MRI durchgeführt. Dieses muss bis ins Schulalter in einer Kurznarkose durchgeführt werden. Bei den generalisierten Epilepsien wie Absenzen-Epilepsie ist eine Bildgebung primär nicht notwendig.

Genetik:

Indiziert insbesondere bei den Epilepsie-Syndromen im Säuglings- und Kleinkindesalter, die häufig therapieresistent sind und eine ungünstige Prognose haben.

Behandlung und Kontrollen

Ist die Diagnose gestellt, wird meist eine antiepileptische Behandlung verabreicht. Die antiepileptische Therapie ist entscheidendes Kriterium, dass die Diagnose als GG 387 von der IV (siehe auch Kreisschreiben über die medizinischen Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung (KSME)) übernommen wird.

Eine Sonderform stellt die Rolandische Epilepsie dar (ab Kindergartenalter). Da die Anfälle meist selten sind, tagsüber ungefährlich und die Prognose günstig (vollständige Remission Anfang Pubertät), wird häufig auf tägliche Antiepileptika verzichtet. Dann gehen die Kosten der Verlaufskontrollen und Notfallarzneimittel zu Lasten OKP.

April 2020
Dr. med. Regula Schmid

Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

Fragen, Anregungen

Haben Sie Fragen, Bemerkungen oder Anregungen zur Gestaltung unserer Homepage?

Teilen Sie uns das doch bitte mit und kontaktieren Sie unsere Geschäftsstelle.

Geschäftsstelle

SGV
c/o MBC Markus Bonelli Consulting
Rudolf Diesel-Strasse 5
8404 Winterthur

Tel. 052 226 06 03
Fax 052 226 06 04

Email info@vertrauensaerzte.ch