Die Leistungen für stationäre Patienten werden seit 2012 über DRG abgerechnet. Die Versicherer schulden dem Leistungserbringer (Spital) die Vergütung dieser Leistungen (Art 42, KVG). Dieser Gesetzes-Artikel führt weiter aus, dass der Leistungserbringer dem Schuldner eine detaillierte Rechnung zu stellen muss, dabei sind auch die Diagnosen und Prozeduren kodiert aufzuführen. Der Leistungserbringer muss dem Versicherer alle Angaben machen, die er benötigt, um die Berechnung der Vergütung und die Wirtschaftlichkeit der Leistung überprüfen können. Der Versicherer kann zusätzliche Auskünfte medizinischer Natur verlangen. Die medizinischen Angaben sind in begründeten Fällen, oder auf Verlangen der versicherten Person in jedem Fall, nur dem vertrauensärztlichen Dienst bekannt zu geben.
Die nebenstehende Graphik veranschaulicht den Prozess der Kommunikation zwischen Spital und Versicherer. Das Ziel ist dabei für das Spital, die während einer Hospitalisation erbrachten Leistungen korrekt zu erfassen und abgegolten zu erhalten. Das Ziel des Versicherers ist, die Abrechnung zu überprüfen und nur zu vergüten, wenn die Verrechnung korrekt erfolgt ist.
Der Prozess der korrekten Rechnungsstellung beginnt im Spital, noch während der Hospitalisation (Dokumentation Leistung Hospitalisation). Der Leistungserbringer hält einerseits die administrativen Details des Patienten fest, und dokumentiert andererseits sämtliche während der Hospitalisation durchgeführte Leistungen. Am Schluss der Hospitalisation wird diese in einem Austrittsbericht zusammengefasst, dieser hält die wichtigsten aktuellen Diagnosen und Prozeduren fest, und erläutert die ärztliche Beurteilung der Gesundheitssituation. Durchgeführte Operationen und spezielle Interventionen werden in gesonderten Berichten festgehalten. Bei Patienten, welche auf einer Intensivstation betreut wurden, werden die entsprechenden Datensätze (inkl Beatmungsstunden, Aufwandpunkte, NEMS- und SAPS Score) erstellt und häufig ein gesonderter Intensivstations-Bericht erstellt. Zudem werden spitalabhängig Informationen in Überwachungsblättern und Pflegedokumentationen festgehalten. Die Gesamtheit dieser Dokumente entsprechen der medizinischen Dokumentation der Hospitalisation.
Die Dokumentation ist die Grundlage der nachfolgenden Kodierung. Die Kodierung benötigt neben der Dokumentation der Hospitalisation allenfalls zusätzliche medizinische Informationen über den Patienten, wie vorausgegangene ambulante oder stationäre Behandlungen oder nachfolgend noch eintreffende Resultate, wie Histologie-Berichte. Neben diesen patientenspezifischen Informationen stützt sich die Kodierung auf das umfassender Regelwerk von Swiss DRG. Die Diagnosen werden mittels der aktuellen ICD-10 Klassifikation bestimmt, die Prozeduren mittels der schweizerischen Operationsklassifikation (CHOP). Die Regeln der Kodierung sind in den verschiedenen Kommunikationen des Bundesamt für Statistik (BfS) festgelegt. Das Ziel der Kodierung ist die Erfassung von Hauptdiagnose, Nebendiagnosen und Prozeduren. Über die Swiss-DRG Grouper-Regeln wird aus diesen drei Bestandteilen die DRG ermittelt. Dies geschieht in den meisten Fällen über eine Grouper-Software, die öffentlich zugänglich ist. Entspricht die tatsächlich erfolgte Liegedauer nicht der für dieses DRG vorgesehenen Normalliege-Dauer ermittelt diese Grouper-Software entsprechende Zu- oder Abschläge. Zusätzlich zum DRG werden die Zusatzentgelte und in der besonderen Situation einer Wiederaufnahme in das gleiche Spital innerhalb von 18 Tagen nach Entlassung unter Umständen eine Fallzusammenführung gemacht. Sämtliche dieser für die Abrechnung spezifischen Inhalte werden im minimal clinical dataset (MCD) festgehalten. Da das Regelwerk Swiss DRG jedes Jahr angepasst wird, ist jeweils auf Änderungen gemäss Kalenderjahr Sorge zu tragen. Die Überprüfung der Kodierung erfolgt spitalabhängig durch interne Falldiskussionen und Revisionen; sowie vorgeschrieben über eine jährliche externe Kodierrevision, deren Resultate dem Versicherer zugänglich gemacht werden müssen.
Das MCD wird spitalintern der Finanzabteilung übermittelt, welche daraus die Rechnung der Grundversicherung (OKP) erstellt. Diese Rechnung wird zwischen Versicherer und Kanton aufgeteilt. Zusätzlich erfolgt je nach Versicherungssituation eine Rechnung zur Zusatzversicherung, oder ausserkantonaler Hospitalisation, oder weitere Zu-und Abschläge z.B. für mitgegebene Medikamente. Nach Nachprüfung des vom Versicherten angegebenen Garanten erfolgt die Übermittlung der Rechnung an die Versicherung. Spital- und Versicherungsabhängig erfolgt dies elektronisch unter Mitsendung des MCD.
Die Versicherung erhält Rechnung und MCD. In einem ersten Schritt erfolgt eine Kontrolle auf allfällige formelle Fehler, wie z.B. ungenügende administrative Angaben zur Identifikation des Versicherten oder Feststellung, dass der Versicherte nicht (mehr) leistungsberechtigt bei der Versicherung ist. Diese Rechnungen werden zur Überprüfung oder Korrektur umgehend rückgewiesen. Die restlichen Rechnungen werden weiterverarbeitet.
Die Rechnungen und das MCD werden in einer Dunkelverarbeitung, welche versicherungsspezifisch unterschiedlich verläuft, weiter verarbeitet. Diese Dunkelverarbeitung entspricht der Stufe I der Rechnungskontrolle. Das Ziel dieser Dunkelverarbeitung ist die Identifikation derjenigen Rechnungen, welche weiter überprüft werden sollten, weil sie potentiell zu hoch ausgestellt sein könnten. Dazu bedient sich die Versicherung vorgegebener Allgoryhthmen und kasseninternen Richtlinien. Diese werden immer wieder neu angepasst, z.B. aufgrund von jährlichen Regeländerungen durch Swiss DRG, Kommunikationen des BfS oder aufgrund anderer Anregungen. Dabei ist zu beachten, dass gemäss gesetzlicher Grundlage, ein 'angemessener Anteil' der Rechnungen ausgelenkt werden darf. Erfahrungsgemäss pendelt sich dieser Anteil bei etwa 10-15% ein. Die restlichen Rechnungen werden zur Zahlung freigegeben.
Die in der Dunkelverarbeitung identifizierten auffälligen Rechnungen werden je nach Versicherung manuell nachkontrolliert. Anschliessend werden vom Leistungserbringer die zur Überprüfung der Rechnung erforderlichen medizinischen Dokumente eingefordert.
Diese Anforderung der Unterlagen wird nicht in jedem Spital durch die gleiche Stelle bearbeitet. Am häufigsten jedoch wird sich das Kodierbüro um diese Anfragen kümmern. Es erfolgt eine Fall-basierte Kontrolle, dh interne Überprüfung der Rechnung, der damit zusammenhängenden Kodierung und der medizinischen Dokumente. Wird bei der Prüfung festgestellt, dass die Rechnung revidiert werden muss, erfolgt eine Korrektur. Bei der Prüfung geht es jedoch in erster Linie um die Wahrung des Datenschutzes. Wie in der Einleitung erläutert, ist das Spital verpflichtet, dem Versicherer diejenigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die er für die Prüfung benötigt. Es muss im Einzelfall geprüft werden, ob dies die Einholung einer Vollmacht des Versicherten oder die Entbindung vom Arztgeheimnis bedingt. Enthalten die Unterlagen Informationen, welche nicht abrechnungsrelevant sind, jedoch besonders schützenswerte Inhalte betreffen, kann ein Arztbericht unter Auslassung solcher Informationen hergestellt werden. Im Zweifelsfall kann der Leistungserbringer die Berichte dem Versicherten zustellen, mit Bitte um Weiterleitung an die Versicherung; so kann der Versicherte selber entscheiden, ob er seiner Versicherung die Informationen preisgeben möchte. Zumeist werden jedoch die medizinische Unterlagen der zertifizierten Datenannahmestelle der Versicherung, resp dem Vertrauensarzt zugestellt.
Die Datenannahmestelle, resp der vertrauensärztliche Dienst kontrolliert die Übereinstimmung zwischen MCD und medizinischen Unterlagen. In Stufe II erfolgt die Kontrolle durch die versicherungsinternen Kodierer. Es erfolgt eine Nachkodierung basierend auf den vom Leistungserbringer erhaltenen medizinischen Unterlagen. Anschliessend kann die Rechnung zur Zahlung freigegeben werden, oder mit einer entsprechenden Begründung rückgewiesen werden. Diese Begründung umfasst eine Erklärung, weshalb die Kodierung einzelner Diagnosen oder Prozeduren nicht nachvollzogen werden kann. Alternativ kann erwogen werden, die Rechnung dem vertrauensärztlichen Dienst zur Stufe III Kontrolle weiterzuleiten. Der Vertrauensarzt beurteilt in erster Linie die WZW Kriterien (wirksam, zweckmässig, wirtschaftlich). Typische Fragestellungen umfassen hier die Möglichkeit einer ambulanten Intervention der stationär durchgeführten Therapie, oder die Abklärung der Akutspitalbedürftigkeit bei Patienten, welche länger hospitalisiert bleiben, als die Normliegedauer, welche das entsprechende DRG vorsieht. Je nach vertrauensärztlicher Empfehlung erfolgt dann eine Rückweisung der Rechnung oder Freigabe zur Zahlung.
Die Rückweisung erreicht wiederum das Spital, zumeist erfolgt die Verarbeitung über das Kodierbüro. Dieses prüft die Rückweisung und die damit zusammenhängenden Kodierrichtlinien sowie allfällige vorausgegangene ähnliche Fälle spitalintern oder in zugänglichen Gerichtsurteilen. Wird ein Kodierfehler festgestellt, erfolgt die Korrektur der Rechnung. Ist die Rechnung aus der Sicht des Leistungserbringers korrekt ausgestellt, erfolgt ein Verteidigungsschreiben zu Handen der Versicherung. Dabei kann je nach Situation zusätzliche medizinische Information übermittelt werden, Erläuterungen des behandelnden Arztes beigelegt werden, oder auf alternative Interpretation der medizinischen Daten oder kodier-technischen Richtlinien hingewiesen werden.
Diese Antworten des Leistungserbringers werden erneut durch die Datenannahmestelle evaluiert. Ergibt sich aus den zusätzlichen Informationen eine Klärung der Situation kann die Rechnung zur Zahlung freigegeben werden. Andernfalls erfolgt eine weitere Beanstandung. Erfahrungsgemäss kann eine Einigung in den meisten Fällen mit einem oder höchstens zwei Briefwechsel erzielt werden. Weitere Briefwechsel sind zumeist nicht zielführend. Es ist dann empfehlenswert, eine persönliche Aussprache zu organisieren, oder aber den Fall zur Beurteilung an das BfS weiterzuleiten. Das BfS ist insbesondere hilfreich in der Klärung von Kodierunstimmigkeiten, nicht jedoch bei WZW-Beurteilungen. Das Beschreiten des Rechtsweges ist nur dann möglich, wenn der Patient selber willens ist, gegen die Versicherung Klage zu erheben; in der Schweiz ist dies eher selten der Fall. Meist kann jedoch in Form einer pragmatischen Vorgehensweise eine Einigung zwischen Leistungserbringer und Versicherer erzielt werden.
Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte
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