Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

33 Neurologie und Neurochirurgie

Update, 3. Auflage, März 10

Rechtliche Grundlagen

KVG

Anhang 1, KLV

Kap. 1.3 (Orthopädie, Traumatologie)

  • Hüftprotektoren

keine Pflichtleistung, Nützlichkeit aber bei sturzgefährdeten Patienten (z.B. Parkinson).

  • Ballon-Kyphoplastie

zur Behandlung von Wirbelkörperfrakturen.

Kap. 1.4 (Urologie)

  • Implantation eines künstlichen (Blasen-)Sphinkters

Leistungspflicht bei schwerer Harninkontinenz.

  • Elektrische Neuromodulation der sakralen Spinalnerven mit einem implantierbaren Gerät

Leistungspflicht zur Behandlung der Stuhlinkontinenz.

  • Zystoskopische Injektion von Botulinumtoxin Typ A in die Blasenwand

keine Pflichtleistung.

Kap. 2.1 (Innere Medizin)

  • Enterale Ernährung zu Hause

Leistungspflicht wenn eine ausreichende perorale sondenfreie Ernährung ausgeschlossen ist: z.B. bei schweren neurogenen Dysphagien. Gängige Verfahren sind gastrale, duodenale und jejunale Sonden (PEG = perkutane endoskopische Gastrostomie, PEJ= perkutane endoskopische Jejunostomie).

  • Plasmapherese

Leistungspflicht z.B. bei Myasthenia gravis, Guillain-Barré-Syndrom (GBS), immunvermittelte Enzephalopathien (z.B. Limbische Enzephalitis, Rasmussen-Enzephalitis).

  • Autologe Stammzell-Transplantation

Leistungspflicht u.a. im Rahmen von klinischen Studien, z.B. bei Neuroblastom, Medulloblastom.

  • Polysomnographie (PSG) und Polygraphie

Leistungspflicht bei dringendem Verdacht auf Schlafapnoe-Syndrom. Bei Narkolepsie, Parasomnie und PLMS (periodic leg movement in sleep) Leistungspflicht nur für Polysomnographie.

  • Aktigraphie (Aktometrie)

Pflichtleistung. Hier handelt es sich um die Aufzeichnung der Bewegungsaktivität mit einem am Handgelenk getragenen Messgerät. Die Aktigraphie kann zur Erfassung des Schlaf-Wach-Rhythmus sowie zur Objektivierung von Schlafstörungen eingesetzt werden.

Kap. 2.3 (Neurologie inkl. Schmerztherapie)

  • Massagen

Leistungspflicht bei Lähmungen infolge Erkrankungen des ZNS.

  • Visuell evozierte Potentiale (VEP)

Leistungspflicht als neurologische Spezialuntersuchung, z.B. bei Schädigungen der Sehbahn im Rahmen von Schlaganfällen, SHT, MS. Analog dazu sind auch die Ableitungen der (früh-)akustisch evozierten Hirnstammpotentiale (FAEP), die somotosensorisch evozierten Potentiale (SSEP) und motorisch evozierten Potentiale (MEP) zu werten.

  • Elektrostimulation des Rückenmarks durch die Implantation eines Neurostimulationssystems

Pflichtleistung. Indikationen: Behandlung schwerer chronischer Schmerzzustände, vor allem Schmerzen vom Typ der Deafferenzierung (z.B. Phantomschmerzen), St. n. Bandscheibenoperationen mit Wurzelverwachsungen und Sensibilitätsausfällen (Arachnoiditis); Kausalgien, vor allem auch bei Plexusfibrosen nach Bestrahlung (z.B. Mammakarzinom).Geeignet ist die Methode für Patienten, wenn:

  • durch nicht-operative Therapien keine ausreichende Schmerzlinderung zu erzielen ist
  • es keinen erkennbaren Grund für die Schmerzen gibt
  • herkömmliche chirurgische Eingriffe zur Schmerzlinderung nicht in Frage kommen
  • keine unbehandelte Medikamentenabhängigkeit besteht
  • eine Testbehandlung erfolgreich war

Die elektrische Rückenmarksstimulation zeigt sich erfahrungsgemäß wenig effektiv zur Beeinflussung von zentralen Schmerzen. Dagegen gibt es positivere Berichte über Erfolge bei der elektrischen Stimulation von tiefen Hirnstrukturen (deep-brain-stimulation). Allerdings sollte Letztere nur bei Patienten eingesetzt werden, die extreme Schmerzen aufweisen und bei denen konservative Therapiemaßnahmen keine Erfolge zeigen. Bevorzugt setzt man die Elektroden im Bereich des ventro-posterioren Thalamusgebietes ein. Weitere mögliche Lokalisation: hinterer Anteil der Capsula interna. Dieses Vorgehen weicht von der Stimulation bei Nozizeptorschmerz ab, bei der man bevorzugt das Gebiet des periaquäduktalen Graus reizt. Als Alternative besteht auch die Möglichkeit, den Motorkortex bei zentralem Schmerz zu stimulieren.

Zur Therapie von zentralen Schmerzen wurden verschiedenartigste Versuche einer Ausschaltung von Strukturen im zentralen Nervensystem und von peripheren Neuronen, insbesondere die Rhizotomie, durchgeführt. Die Ergebnisse solcher ablativen chirurgischen Verfahren sind jedoch enttäuschend. An neurochirurgischen ablativen Verfahren wurden vorwiegend die anterolaterale Chordotomie, die Chordektomie sowie die DREZ-Operation durchgeführt. Die besten Erfolgsquoten erzielt die DREZ-Operation, allerdings auch nur Verbesserungsraten von bis zu 50%. Die Läsion wird im Bereich der oberflächlichen Schichten des Hinterhorns durchgeführt, um den Lissauer-Trakt zu zerstören. Die größere Wahrscheinlichkeit für einen positiven Operationserfolg liegt bei Schmerzen, die intermittierend episodisch auftreten. Dauerschmerzen sind jedoch durch solche operativen Läsionen in der Regel nicht zu verbessern. Intrakranielle Läsionen wurden vorwiegend in Form von medialen und lateralen Thalamotomien, Zingulotomien und kortikaler Destruktion durchgeführt. Diese Therapieverfahren konnten weder Kurz- noch Langzeiterfolge in überzeugender Weise erbringen. Wenn überhaupt, lassen sich die besten therapeutischen Effekte mit einer stereotaktischen mesenzephalen Traktotomie und/oder einer medialen Thalamotomie erzielen. Die Komplikationsrate bei solchen Operationen ist hoch. Im Hinblick auf die limitierten Erfolgquoten müssen solche Therapieverfahren sehr zurückhaltend eingesetzt werden. Eine Indikation besteht nur in extremen therapieresistenten Ausnahmefällen.

  • Sakrale Deafferentation (SDAF)

Die sakrale Deafferentation (SDAF) und die sakrale Vorderwurzelstimulation (SARS) sind etablierte Verfahren zur Behandlung der neurogenen Detrusorhyperaktivität und Reflexharninkontinenz bei Querschnittgelähmten.

  • Elektrostimulation tiefer Hirnstrukturen (DBS = deep brain stimulation) durch Implantation eines Neurostimulationssystems

Pflichtleistung. Indikationen: Behandlung eines therapieresistenten Tremors bei M. Parkinson und anderen Erkrankungen (auch essentieller Tremor od. Intentionstremor bei MS). Auch bei anderen Bewegungsstörungen dyston-dyskinetischer Art werden diese Verfahren bereits eingesetzt. Es handelt sich dabei um stereotaktische Hirnoperationen. Von den unterschiedlichen Zielpunkten für stereotaktische Operationen wird der Thalamus zur Behandlung des tremordominanten Parkinsonsyndroms gewählt. Der Globus pallidus (GPI) wird heute eher selten als Zielpunkt gewählt. Hauptindikationen sind Medikamenten-induzierte Dyskinesien. Seit Mitte der 1990er Jahre wird der Nucleus subthalamicus (STN) bei M. Parkinson bevorzugt, nachdem gezeigt werden konnte, dass durch eine Dauerstimulation eine deutliche Medikamentenreduktion möglich ist; gleichzeitig aber die OFF-Zeiten und die Fluktuationen vermindert werden können.

  • Radiofrequenztherapie/-läsion

Leistungspflicht zur Behandlung schwerer chronischer Schmerzzustände vom Typ der Deafferenzierung (Rückenmarksläsionen, intradurale Nerven(wurzel)ausrisse, Arachnoiditis). NB: Die Denervation der Facettengelenke mittels Radiofrequenztherapie ist ebenso wie die Kryoneurolyse zur Behandlung von Schmerzen der lumbalen intervertebralen Gelenke nicht leistungspflichtig.
Die Radiofrequenzläsion ist ein neurodestruktives Verfahren, bei dem durch radiofrequenten Strom eine kontrollierte Thermoläsion erfolgt. Bei der Kryoläsion handelt es sich ebenfalls um ein ablatives Verfahren, bei dem durch Kälte eine Langzeitblockade erzeugt wird. Die Wirkdauer beider Verfahren ist zeitlich begrenzt, eventuell sind daher erneute Behandlungen notwendig.

  • Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS)

Pflichtleistung. Indikationen: Schmerzen, die z.B. von einem Neurom ausgehen (wie z. B. durch Druck auslösbare lokalisierte Schmerzen im Bereiche von Amputationsstümpfen), Schmerzen, die von einem neuralgischen Punkt aus durch Stimulation (Druck, Zug oder elektrische Reizung) ausgelöst oder verstärkt werden können (wie z. B. ischialgiforme Schmerzzustände oder Schulter-Arm-Syndrome), Schmerzzustände nach Nervenkompression (wie z. B. weiter bestehende Schmerzausstrahlungen nach Bandscheibenoperationen oder nach Carpaltunneloperationen).

  • Intrathekale Pumpenimplantation

Leistungspflicht bei Medikamentenapplikation zur Behandlung chronischer somatogener Schmerzen und Baclofenapplikation (intrathekale Baclofentherapie = ITB) bei therapieresistenter spinaler und zerebraler Spastik.
Die Einstellung der Patienten auf eine intrathekale Baclofentherapie erfolgt in folgenden Phasen: Auswahl geeigneter Patienten, Testung, Implantation der Pumpe, Dosisfindung, Dauergabe. Die ITB ist zur Behandlung von schweren spastischen Syndromen geeignet, die auf eine orale Medikamententherapie keine ausreichende Besserung erfahren haben. Ein fehlendes Ansprechen auf eine orale Baclofengabe stellt in diesen Zusammenhang ausdrücklich keine Kontraindikation für die ITB dar. Patienten mit spastischen Syndromen der unteren Extremitäten scheinen dabei besser auf die Behandlung anzusprechen, als Patienten mit spastischen Syndromen der oberen Extremitäten oder des Rumpfes. Allerdings können befriedigende Ergebnisse durchaus auch bei diesen Patienten erzielt werden. Die Ätiologie eines spastischen Syndroms scheint für ein Ansprechen auf die ITB nicht relevant zu sein. Sehr häufig werden Patienten mit spastischen Syndromen bei Multipler Sklerose, bei hypoxischen Hirnschäden, bei apallischen Syndromen und bei infantiler Zerebralsklerose (ICP) behandelt. Bei Jugendlichen und Kindern kann die ITB unter entsprechenden Dosisanpassungen angewendet werden. Dabei finden Pumpen mit kleinerem Baclofenreservoir und entsprechend kleineren Einbaumassen Anwendung. Bei schweren generalisierten Dystonien und bei einer Reihe von seltenen Muskelüberaktivitätssyndromen, wie dem Stiff Person-Syndrom und Tetanus, liegen ebenfalls Erfahrungen vor.

  • Lokale Botulinumtoxin A-Injektionen (Botox® . Dysport®, Xeomin®)

In der Neurologie wird Botulinumtoxin A in der Behandlung von segmentalen oder fokalen Dystonien eingesetzt z.B. beim Torticollis spasmodicus, Blepharospasmus, Schreibkrampf, spastischen Spitzfuß, Armspastik bzw. bei fokaler Spastik von Hand und Handgelenk nach Schlaganfall.

  • Resektive Epilepsiechirurgie

Pflichtleistung. Man unterscheidet dabei eine kurative oder palliative Indikation: In beiden Fällen ist eine nachgewiesene Pharmakotherapieresistenz Voraussetzung.

Die Epilepsiechirurgie wird vor allem angewendet, wenn eine medikamentöse antiepileptische Behandlung ohne Erfolg durchgeführt wurde oder die aufgetretenen Nebenwirkungen nicht mehr tolerierbar sind. Mögliche neurochirurgische Eingriffe sind: Extratemporale und temporale, meist „massgeschneiderte“ Kortexresektionen, klassische vordere Temporallappenresektion und die selektive Amygdala-Hippokampektomie. Subpiale Operation nach Morell-Whisler sowie die Balkendurchtrennung aber auch Hemisphärektomien. NB: Diese Op-Verfahren sind nicht nur palliativ.

Bei der DBS und auch der Epilepsiechirurgie mit Gamma-Knife (s.u.)handelt es sich um sogenannte experimentelle Behandlungen, die im Rahmen von Studien von einzelnen Epilepsiechirurgischen Zentren angeboten werden. Sie sind keine Pflichtleistungen. Kurative (=kausale) Epilepsie-chirurgische Eingriffe sind in der Schweiz hingegen anerkannte Pflichtleistungen. Palliative Epilepsie-chirurgische Eingriffe werden in der Schweiz unter strenger Indikations-Stellung und unter Auflagen ebenfalls als Pflichtleistung anerkannt.

  • Vagusnervstimulation (VNS)

Leistungspflicht: therapieresistente (fokale) Epilepsien und (endogene) Depressionen. Es handelt sich um ein Verfahren, bei dem der Vagusnerv über eine Elektrode mit einem Schrittmacher stimuliert wird. Die Elektroden werden dabei auf Höhe des Halses in Vollnarkose um den N. Vagus geschlungen und durch ein Kabel mit einem subcutan implantierten elektrischen Pulsgenerator verbunden.

  • Perkutane („blinde“) Diskusdekompression mittels Laser („Laserdiskektomie“)

Keine Pflichtleistung. Es handelt sich zwar um eine minimal invasive Operationsmethode, welche aber nur bei einem kleinen Teil der Patienten zur Anwendung kommt und im Vergleich zu den offenen operativen Verfahren ein deutlich höheres Recidiv-Risiko aufweist. Die Leistungspflicht für diese Therapie wurde von der ELK 1996 klar verneint. Von einer Kostenbeteiligung aus der Zusatzversicherung ist daher abzuraten.

  • Spondylodese mittels Diskuskäfigen (mit oder ohne Knochentransplantat)

In den Bandscheibenzwischenraum werden dabei oft Knochenspäne eingebracht, um eine knöcherne Verbindung der Wirbelkörper herbeizuführen. Eventuell werden dabei zusätzlich besondere Implantate in den Zwischenwirbelraum eingefügt wie z.B. Titankäfige (Cages), die den Abstand der Wirbelkörper zueinander halten bis die knöcherne Heilung erfolgt ist (d.h. das Knochentransplantat ist nicht als Alternative anzusehen, sondern häufig erforderlich). Die Bandscheibe wird dabei aus dem Zwischenwirbelraum entfernt und durch einen Hohlkörper ersetzt, der mit körpereigenem Knochengewebe oder Knochenersatzmaterial gefüllt ist. Dieses wurde zuvor (meist) aus dem Beckenkamm entnommen oder durch teilweises Abtragen von Wirbelbogen und Gelenken erhalten.

  • Bandscheibenprothesen

Leistungspflicht: Ja (In Evaluation). Sie sind nur dann indiziert, wenn die Schmerzen eindeutig aus dem verschlissenem Bandscheibenraum stammen, sich die Schmerzen durch eine intensive ambulante konservative Therapie nicht ausreichend beherrschen lassen und aufgrund des Lokalbefundes nicht besser mit einer Spondylodese versorgt wären (z.B. bei ausgeprägter segmentaler Instabilität).

Eine Bandscheibenprothese kann bei isolierter, ausgeprägter Schädigung einer Bandscheibe implantiert werden. Nicht möglich ist die Implantation hingegen bei fortgeschrittenem Verschleiss der kleinen Wirbelgelenke, bei Wirbelgleiten, bei ungünstig liegenden lumbalen Bandscheibenvorfällen, bei einer Spinalkanalstenose, Osteoporose, Tumoren und Wirbelsäuleninfektionen. Leiden Patienten auch nach einer Bandscheibenoperation noch unter starken Rückenschmerzen, besteht die Möglichkeit, mit einer Bandscheibenprothese (verschiedene Modelle, z.B. Maverick, Prodic L, Prestige, Prodisc C) Abhilfe zu schaffen (vor allem bei jüngeren Patienten bis etwa 45 Jahre angezeigt). Während bei versteifenden Eingriffen in den Folgejahren häufig die angrenzenden Segmente in Mitleidenschaft gezogen werden, soll der Einsatz von Bandscheibenprothesen gute Langzeitergebnisse mit sich bringen.

  • Bandscheibenprothesen an der Halswirbelsäule

An der Halswirbelsäule (HWS) werden Bandscheibenprothesen bis etwa zum 65.Lebensjahr implantiert. Die Ergebnisse sind – wie die Ergebnisse der Versteifungsoperationen an der HWS – gut. Dabei bieten Prothesen jedoch den Vorteil, dass die Nachbarsegmente nicht überlastet werden. Beim Einsatz einer Bandscheibenprothese wird die Bandscheibe von ventral her komplett entfernt.

  • Dynamische Stabilisierungsoperationen an der Wirbelsäule

Leistungspflicht: Ja (in Evaluation).

Die Indikation zur sogenannten dynamischen Stabilisierung wird gesehen bei schmerzhaften Wirbelgelenken. Durch deren Entlastung können die Schmerzen beseitigt werden.

Typ Dynesis®: implantierbares dynamisches Stabilisierungssystem für die Wirbelsäule. Durch Titanschrauben, spannbare Bänder und elastische Kunststoffkissen, die zwischen die Schrauben eingebracht werden, kann die Wirbelsäule gestützt und entlastet werden. Hierbei bleibt die Beweglichkeit zum grössten Teil erhalten. Zusätzlich führt die Streckung der Wirbelsäule zu einer Straffung des hinteren Längsbandes und soll so auch einen positiven Effekt bei Bandscheibenprotrusionen haben. Die Operation wird nicht durchgeführt bei Spinalkanalstenosen und Instabilitäten sowie bei schwerer Osteoporose.

Typ DIAM-Spacer (Device for Intervertebral Assisted Motion): Silikonimplantat, das mit einem Polyäthylennetz überzogen ist und zwischen den Dornfortsätzen implantiert wird. Diese interspinalen Platzhalter sollen Stenosen im Bereich der Lendenwirbelsäule (Spinalkanal, Nervenaustrittsöffnungen) beheben (insbesondere bei älteren Patienten).

Kap. 4 (Pädiatrie)

  • Elektrostimulation der Harnblase

Eine intravesikuläre Elektrostimulation der Harnblase (IVES) nach Katona wird bei neurogenen Blasenentleerungsstörungen auch im Erwachsenenalter mit Erfolg angewandt. Eine Elektrostimulation der Harnblase mittels Hautelektroden kann z.B. auch bei Blasenentleerungsstörungen im Rahmen eines Parkinsonsyndroms versucht werden.

Kap. 9.1/9.2 (Radiologie)

  • PET (Positronen-Emissions-Tomographie)

Aufzählung diverser PL und NPL. Indikationen: Aktuell international akzeptierte Indikationen sind in der Neurologie: Basalganglienerkrankungen, frühe Differenzialdiagnose des M. Parkinson bzw. Multisystem-Degenerationen, Früherkennung der Huntingtonschen Erkrankung, Frühdiagnostik der primären Demenzen, Lokalisation von epileptogenen Foki im Rahmen der präoperativen Epilepsiediagnostik bei Temporallappenepilepsien.

  • SPECT (Single Photon Emission Computed Tomography)

SPECT-Bilder zeigen die Verteilung eines Radiopharmakons im Körper, hier insbesondere im Gehirn als Hirnfunktions-SPECT (FP-CIT und IBZM-SPECT) zur Diagnostik und Differenzierung von Parkinsonsyndromen und gegenüber weiteren degenerativen Hirnerkrankungen oder auch als Epilepsie-SPECT.

Die SPECT gehört wie die PET zu den funktionellen bildgebenden Verfahren der Nuklearmedizin. Die erzeugten Bilder geben vor allem Aufschluss über Stoffwechselabläufe. Im Vergleich zur PET ist SPECT weniger aufwändig. Die Einsatzgebiete der beiden Verfahren gehen jedoch fließend ineinander über. Die Hauptnachteile sind die im Vergleich zu PET geringere räumliche Auflösung und die geringere Sensitivität.

  • Magnet-Enzephalographie (MEG)

Die Magnetenzephalographie ist ein nicht-invasives Verfahren zur Messung informationsverarbeitender Prozesse im Gehirn. Dabei werden Magnetfelder berührungsfrei an der Kopfoberfläche gemessen, die durch die elektrischen Ströme induziert werden, welche bei der Reizverarbeitung im Gehirn entstehen. Um herauszufinden, wie das Gehirn auf bestimmte Reize reagiert und sie verarbeitet, werden während einer Messung bestimmte Hirnareale z.B. auditorisch oder visuell erregt. Das MEG ist ein diagnostisches Verfahren mit guter räumlicher und sehr hoher zeitlicher Auflösung, das andere Verfahren zur Messung der Gehirnaktivität (funktionelle Verfahren), wie das EEG und das funktionale Magnetresonanzverfahren (fMRT), ergänzt. In der Neurologie wird das MEG u. a. eingesetzt, um Hirnareale, die epileptische Anfälle auslösen, lokalisieren zu können oder um komplexe Schädeloperationen z. B. bei Patienten mit Hirntumoren zu planen.

Kap. 9.3 (Interventionelle Radiologie)

  • Radiochirurgie. Gamma-Knife

Indikationen: Hirntumoren (z.B. auch Meningeome), Metastasen, Akustikusneurinome und Neurinome anderer Hirnnerven. Hypophysenadenome, auch Rezidive und nicht radikal operable Hypophysenadenome,

Kraniopharyngeome, Chordome und Chondrosarkome, Arteriovenöse Malformationen (AVM), Glomus-Jugulare-Tumoren, Tumoren der Augen, Aderhautmelanome. Funktionelle Erkrankungen: Trigeminusneuralgie.

Im übrigen wird Radiochirurgie zum Teil auch bei sog. gelastischen Epilepsien bei Vorliegen hypothalamischer Hamartomen durchgeführt.

  • Linearbeschleuniger (=Linac)

Indikationen: Hirntumoren (z.B. Meningeome), einzelne wie auch mehrere Hirnmetastasen, Akustikusneurinome, Hypophysenadenome, Arteriovenöse Malformationen (AVM), Kavernome, Glomus jugulare Tumoren, Kraniopharyngeome, Hämangioblastome, Hämangioperizytome, Trigeminus-Neurinome und

Schädelbasis-Metastasen.

Bei dem im Anhang 1, KLV, noch nicht erwähnten CyberKnife (CK) handelt es sich um einen neuartigen robotassistierten Linearbeschleuniger zur Strahlentherapie versch. Tumorerkrankungen, wobei sich die Indikationen zum Gamma-Knife bzw. Linac-Einsatz direkt überschneiden. Allerdings soll die CyberKnife Anwendung kostengünstiger sein.

Kap. 11 (Rehabilitation)

In der Neuro-Rehabilitation kommen sehr unterschiedliche Verfahren und Techniken zum Einsatz wie Bobath, Affolter, Perfetti, Hippotherapie, robotassistierte Therapien (Lokomat®, Armeo®), Biofeedback, die zum Teil weder evaluiert noch im Sinne einer evidenzbasierten Medizin überprüfbar sind. Die Auswahl dieser unterschiedlichen Techniken richtet sich nach dem Spektrum der einzelnen Kliniken.

Kommunikationsgeräte und Umweltkontrollsysteme: schwerstbehinderte Personen (z.B. Querschnittslähmungen, Multiple Sklerose, Parkinson, Locked-In-Syndrom) sind in ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit so stark eingeschränkt, dass sie für Alltagsverrichtungen (z.B. Öffnen von Türen, Bedienen von Computer, Licht) spezielle technische Unterstützung benötigen. Man unterscheidet dabei Umweltkontrollsysteme (z.B. James®), Kommunikationssysteme und Computereingabehilfen. Diese Geräte fallen unter Hilfsmittel.

IVG

GgV: Ziff. 381–397.

Medizinische Wiedereingliederungsmassnahmen: Ziff. 854–856.

Kreisschreiben über die Sonderschulung der Invalidenversicherung (1973): Regelt die Abgrenzung der IV gegenüber anderen Versicherern.

Gerichtsurteile

Bei den in Kapitel „Aufgaben des Vertrauensarztes“ genannten schweren neurologischen Erkrankungen stellen sich primär jene Abgrenzungsfragen, die in Kapitel 31.3.2 ff abgehandelt werden, weshalb auf die dortige Rechtsprechung verwiesen wird. Das Fortschreiten einer chronischen Krankheit kann zu einer Veränderung und insbesondere auch zu einer abnehmenden Intensität der medizinischen Massnahmen bzw. zu einer Verlagerung von therapeutischen zu pflegerischen Massnahmen führen, wenn ein Stadium erreicht wird, in welchem grundsätzlich nur noch (intensive) Pflege (in einem Pflegeheim oder Spitex, vgl. Kap. 31.3.4), nicht aber eine Therapie (in einem Akutspital) möglich ist (vgl. z.B. Urteil K 157/04 betreffend Alzheimer-Krankheit oder 9C_369/2009 betreffend Chorea-Huntington). Eine schubweise Verschlimmerung kann freilich unter Umständen eine vorübergehende Akutspitalbedürftigkeit begründen. Für den Übertritt vom Akutspital in ein Pflegeheim oder eine Pflegeabteilung ist eine angemessene Anpassungszeit einzuräumen.

Abgesehen davon sind mit Blick auf Kapitel „KVG“ folgende Urteile eine Notiz wert:

  • K 47/06 zur Polysomnographie (PSG) bzw. der entsprechenden Ziff. 2.1 Anhang 1 KLV; Erklärung des Begriffes „dringende Verdachtsdiagnose“

Ziff. 2.1 des Anhangs 1 zur KLV verlangt nicht, dass die Verdachtsdiagnose auf ein Schlafapnoesyndrom ausdrücklich als "dringend" bezeichnet wird. Diese Qualifizierung kann auch implizit aus den ärztlichen Angaben hervorgehen. Mit dem in Ziff. 2.1 des Anhangs 1 zur KLV (einzig) verlangten "dringenden Verdacht" auf das Vorliegen einer der leistungspflichtigen Indikationen wird die Vergütungspflicht der PSG an eine qualifizierte Voraussetzung geknüpft. Es soll vermieden werden, dass die relativ kostspielige Massnahme gleichsam zur Routineuntersuchung bei Schlafstörungen wird. Die blosse Möglichkeit eines Schlafapnoesyndroms genügt mithin nicht; ebensowenig reicht generell eine nach ärztlicher Einschätzung überwiegende, d.h. die 50%-Grenze übersteigende Wahrscheinlichkeit aus. Von einer "dringenden Verdachtsdiagnose" kann erst dann die Rede sein, wenn die - aufgrund des Beschwerdebildes und der einfachen klinischen Untersuchungen ausgewiesenen - medizinischen Kriterien für das Vorliegen eines Schlafapnoesyndrom die Indizien für andere mögliche Ursachen einer vorhandenen Störung des Schlafes klar überwiegen und daher begründeterweise mit deutlich erhöhter Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die PSG die vermutete Schlafapnoe bestätigen wird. Ausser Frage steht allerdings dann, dass die Durchführung einer PSG bei gegebener dringender Verdachtsdiagnose unabhängig vom Untersuchungsergebnis vergütungspflichtig ist. Der Umstand, dass die PSG bei der Versicherten keine Hinweise auf eine atem- oder beinbewegungsbedingte Störung des Schlafes ergab und namentlich ein obstruktives Schlafapnoesyndrom ausgeschlossen werden konnte, ist mithin rechtlich nicht entscheidend, sind doch die Sachleistungsvoraussetzungen im Sozialversicherungsrecht prognostisch zu beurteilen.

Unter den gegebenen Umständen war im vorliegenden Fall im Untersuchungszeitpunkt wesentlich wahrscheinlicher, dass das PSG das Vorliegen eines Schlafapnoesyndrom ausschliessen denn bestätigen würde; entsprechend wurde die Massnahme denn auch ausdrücklich "zum Ausschluss einer atembedingten Störung im Schlaf" durchgeführt. Ein dringender Verdacht lag damit nicht vor.

  • BGE 131 V 349 – Verwendung eines Migränemittels über die von Swissmedic genehmigte maximale Dosierung hinaus

Der Arzt verschrieb einem Patienten, der seit mehreren Jahren an Cluster headache litt, eine Dosierung von bis 12 Injektionslösungen täglich, die vom Hersteller empfohlene und von Swissmedic genehmigte maximale Dosierung beträgt freilich nur zwei Injektionslösungen pro Tag. Es stellte sich die Frage, ob die OKP ihre Leistungen auf die Swissmedic-Dosierung limitieren darf. Die medizinische Indikation und die Dosierung eines Medikamentes stehen zulassungsrechtlich und damit auch für die Aufnahme in die Spezialitätenliste in einem untrennbaren, engen Sachzusammenhang. Die Verwendung des Medikamentes bei von Swissmedic nicht genehmigten medizinischen Indikationen und/oder in darüber hinausgehenden Dosierungen vermag keine Vergütungspflicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu begründen.

Vorbehalte

Keine besonderen Bestimmungen.

Aufgaben des Vertrauensarztes

Der Vertrauensarzt soll die Besonderheiten und auch Fallstricke bei der Beurteilung folgender spezieller Krankheitsbilder und Syndrome in Bezug auf (Diagnostik), Medikation, operative Verfahren, Rehabilitation (ambulant, teil-/tagesstationär, stationär und Wiederholungsaufenthalte), Hilfsmittelversorgung und Prävention kennen.

Multiple Sklerose (MS)

Zur Behandlung des ersten demyelinisierenden Ereignisses („clinically isolated syndrome“) sind folgende Präparate zugelassen: Avonex® (Interferon beta-1a i.m.) und Betaferon® (Interferon beta-1b s.c.).

Zur Behandlung der schubweise verlaufenden MS sind folgende Präparate zugelassen: Avonex®, Rebif® (Interferon beta-1a s.c.), Betaferon®, Copaxone® (Glatiramerazetat s.c.), Tysabri® (Natalizumab i.v.), Novantron® (Mitoxantron i.v.).

Zur Behandlung der sekundär chronisch-progredient verlaufenden MS sind folgende Präparate zugelassen: Rebif®, wenn überlagerte Schübe das Geschehen prägen, Betaferon®, auch wenn überlagerte Schübe im Hintergrund stehen oder gar fehlen und Novantron® (bei rascher Progredienz).

Bei der primär-progredienten MS (PPMS) ist bisher keine gesicherte immunmodulatorische Therapie bekannt. Bei rascher Progredienz können ebenso wie beim sekundär-progredienten Verlauf repetitive Glukokortikoid-Pulstherapien in dreimonatigem Abstand, selten auch eine Therapie mit Mitoxantron in Erwägung gezogen werden. Intravenöse Immunglobuline (IVIG) können als Alternative in der Behandlung der schubförmigen MS bei Unverträglichkeit oder Kontraindikationen für die zugelassenen Basistherapien eingesetzt werden (insbesondere auch in Schwangerschaft und Stillzeit), aber: Es besteht bisher für keines der am Markt befindlichen IVIG-Präparate eine Zulassung für die MS!

Es gibt Studien, die zeigen, dass Cannabis Spastiken und Schmerzen lindern kann. In der Schweiz dürfen Ärzte nur den synthetisch hergestellten Cannabis-Wirkstoff Dronabinol (Marinol®) verschreiben. Keine PL.

Operative Verfahren: Siehe oben (z.B. Pumpenimplantation, Radiochirurgie, Wirbelsäulen- und Bandscheibenoperationen).

Rehabilitation: Siehe unten.

Polyradikulitis Guillain-Barré (GBS)

Medikation: Intravenöse Immunglobuline bei GBS PL. Der Einsatz intravenöser Immunglobuline kann aber auch bei anderen Immun-Polyneuropathien (z.B. chronische demye­linisierende inflammatorische Polyradikulo-Neuropathie, CDIP) und bei der myasthenischen Krise sinnvoll und kostensparend sein.

Rehabilitation: Funktionell handelt es sich um sehr unterschiedlich stark ausgeprägte Funktionsstörungen, die bis zur Tetraplegie mit oder ohne Dysphagie reichen können. Dementsprechend kann bei insgesamt guter Prognose des Krankheitsbildes eine mehrmonatige stationäre neurologische Rehabilitation erforderlich werden.

Alzheimer und andere dementielle Erkrankungen

Diagnostik: Die oben erwähnten nuklearmedizinischen Verfahren sind nur im Einzelfall indiziert und müssen hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Zweckmässigkeit noch evaluiert werden.

Medikation: Cholinesterasehemmer (Aricept®, Exelon®, Reminyl®): Insgesamt ist der Effekt eher bescheiden. Bei Werten im MMSE (Mini-Mental-State) < 10 ist die Anticholinergika-Behandlung abzubrechen.

Memantin (Axura®, Ebixa®) bei mittelschwerem bis schwerem M. Alzheimer (MMSE <19). Bei MMSE < 3 ist die Behandlung abzubrechen. (Nicht nachvollziehbar ist, dass nur bei Axura® in der SL eine Limitatio besteht, nicht aber bei Ebixa®, da es sich um die gleiche Substanz handelt.)

Gingkopräparate: Für das Therapieziel „Aktivitäten des täglichen Lebens“ gibt es einen Beleg für einen Nutzen von Ginkgo biloba, Extrakt EGb 761, bei Verwendung einer hohen Dosis von 240 mg täglich. Für die Therapieziele „kognitive Fähigkeiten“ und „allgemeine psychopathologische Symptome“ sowie für das angehörigenrelevante Therapieziel „Lebensqualität der (betreuenden) Angehörigen“ (gemessen anhand des emotionalen Stresses der Angehörigen) gibt es bei einer Dosis von 240 mg täglich einen Hinweis auf einen Nutzen. Der Nutzen von Ginkgo biloba basiert allerdings auf sehr heterogenen Ergebnissen, daher kann zur Größe eines möglichen Effekts keine zusammenfassende Aussage getroffen werden. Es gibt zudem einen Hinweis, dass dieser Nutzen nur bei Patienten mit begleitenden psychopathologischen Symptomen vorhanden ist (Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Ginkgohaltige Präparate bei Alzheimer Demenz. Abschlussbericht A05-19B . Köln: IQWiG; 2008).

Rehabilitation: Auch wenn Alzheimer-Demenzen etwa 50% aller dementiellen Syndrome ausmachen, ist die Diagnose im Einzelfall nicht immer klar zu stellen und von anderen Demenzformen zu unterscheiden. Unabhängig von der Diagnose können stationär rehabilitative Massnahmen sinnvoll sein im Sinne einer Standortbestimmung, Einübens bestimmter Verhaltensweisen, Hilfsmittel- und häusliche Abklärungen.

Parkinson

Diagnostik: PET und SPECT sind nur im Einzelfall indiziert.

Medikation: Transdermale Pflaster. Rotigotin (Neupro®) wird als Monotherapie (d.h. ohne Levodopa) eingesetzt zur symptomatischen Behandlung bei idiopathischer Parkinson-Erkrankung im Frühstadium.

Operative Verfahren:

  • 1. Stereotaktische Eingriffe: siehe oben
  • 2. Infusionspumpen

Apomorphinpumpen (subkutan) „Duodopa-Pumpen“ (jejunal implantierte Pumpen).

Die intrajejunale Infusionstherapie ist zur Behandlung des idiopathischen Parkinson-Syndroms (IPS) im fortgeschrittenen Stadium mit ausgeprägten Wirkungsfluktuationen zugelassen. Durch die kontinuierliche Gabe wird in Matrixform gebundenes L-Dopa direkt im Jejunum aus einer perkutan gelegten Sonde (PEJ) freigesetzt. Dies führt zu einem gleichmässigen L-Dopa-Spiegel im Blut. Damit entfällt sowohl die pulsatile Rezeptorstimulation als auch die Abhängigkeit der Resorption von einer regelmässigen Magenentleerung. Die jejunale L-Dopa-Gabe wird in der Regel als Monotherapie empfohlen. Die Behandlung ist teuer, technisch anspruchsvoll und sollte ausschliesslich einem Parkinson-Kompetenz-Zentrum vorbehalten sein. Die Pflege der PEJ- (perkutan-endoskopisch-jejunalen)- Sonde selbst erfordert viel Erfahrung. Die Angehörigen sollten durch eine Parkinson Nurse angeleitet und begleitet werden.

Für beide Formen gilt folgende Indikationen: Mit Tablettenform nicht mehr zu beherrschende Wirkungsfluktationen und Dyskinesien im fortgeschrittenen Stadium der Parkinsonkrankheit. Die Pumpenapplikation mit Apomorphin ermöglicht eine kontinuierliche Rezeptorstimulation auch in fortgeschrittenen Stadien der Parkinsonkrankheit. Eine Monotherapie ist möglich. Der finanzielle und personelle Aufwand ist hoch. Voraussetzung sind gesicherte soziale Versorgung und technisches Verständnis für die kontinuierliche subkutane Applikation.

Rehabilitation: Indikationen: Anhaltend gestörte Kontrolle von Kardinalsymptomen (Akinese, Rigor, Tremor, posturale Instabilität). Gezielte Behandlung/Kontrolle von Begleitsymptomen (z.B. Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen,

Blutdruckschwankungen, vegetative und psychomentale Probleme), die den Patienten und sein Umfeld belasten. Medikamentöse und Hilfsmitteloptimierung unter stationären Bedingungen. Gezielte Hilfestellung bei der Alltagsbewältigung. Entlastung für Patienten und familiäres Umfeld. St.n. stereotaktischen operativen Eingriffen bei Erkrankungen des extrapyramidalmotorischen Systems. In der Regel sind dafür Ausstattung und Erfahrung eines neurologischen Parkinson-Kompetenz-Zentrums erforderlich (umfängliche Beratung/Anwendung sämtlicher moderner Therapieverfahren, die hier vorgehalten werden)

Amyotrophische Lateralsklerose (ALS) und andere neuro-muskuläre Erkrankungen

Medikation: Riluzol (Rilutek®), ein Glutamatantagonist, ist der einzige Wirkstoff, welcher den Krankheitsverlauf günstig beeinflusst. Vitamin E kann den Verlauf der ALS zu Beginn minimal verlangsamen, hat aber keinen Einfluss auf die Langzeitprognose.

Rehabilitation: Durchführung und Dauer einer stationären neurologischen Rehabilitation hängen – neben dem klar zu definierenden Rehaziel - vom Stadium der Erkrankung ab.

Polyneuropathien

Medikation: Benfotiamin und Alpha-Liponsäure (Thioctsäure), (in der Schweiz nicht auf dem Markt!), werden häufig empfohlen bei Polyneuropathien. Ob diese Substanzen bei diabetischen und alkoholbedingten Polyneuropathien sowie bei Neuralgien helfen, ist wissenschaftlich nicht gesichert.

Rehabilitation: Eine stationäre Rehabilitation kann sinnvoll sein, insbesondere bei Vorliegen von entsprechenden Lähmungserscheinungen und oder Begleiterkrankungen. Compliance (Diabetes!) und Abstinenz (Alkohol!) sind essentielle Voraussetzungen.

Epilepsie

Medikation: Ein besonderes Problem bei den einzelnen antiepileptischen Medikamenten ergibt sich beim Wechsel auf inhaltsgleiche Präparate (aut idem). Bei Patienten mit Epilepsien, die oft in sorgfältig titrierten Wirkbereichen behandelt werden, können Schwankungen in diesem Umfange einerseits zum Auftreten von unerwünschten Nebenwirkungen, andererseits zu einem Wirkverlust und – insbesondere bei vorgestehender Anfallsfreiheit – zum erneuten Auftreten von Anfällen führen. Dies wurde in der Fachliteratur wiederholt dokumentiert.

Aus Sicht der meisten Epileptologen sollte ein Präparatewechsel nicht erfolgen, wenn durch die bestehende Dosierung Anfallsfreiheit erzielt wurde und wenn die gewählte Dosis im Grenzbereich zu möglichen Nebenwirkungen liegt.

Die Risiken eines Präparatewechsels können für den einzelnen Patienten erheblich sein, da Anfallsrezidive nicht nur ein medizinisches Risiko darstellen sondern auch die Möglichkeiten des Patienten, ein Kraftfahrzeug zu führen und seinen Beruf auszuüben, gefährden können. Aus epileptologischer Sicht übersteigt hier das Risiko in erheblichem Umfange den potentiellen Einspareffekt bei dem Wechsel auf ein Nachahmerpräparat.

Rehabilitation: Eine stationäre neurologische Rehabilitation kommt insbesondere nach epilepsiechirurgischen Eingriffen in Frage. Dafür sind spezielle Konzepte erforderlich, wie sie z.B. an Epilepsiezentren angeboten werden (auch stationäre Schulungszentren für Kinder!). Das Modulare Schulungsprogramm Epilepsie MOSES ist ein interaktives modulares Programm, das die Schulung von Betroffenen in Kleingruppen von zirka sieben bis zehn Personen ermöglicht. MOSES wurde für den Einsatz in Spezialkliniken und - Ambulanzen für Epilepsie und bei niedergelassenen Neurologen entwickelt, die sich schwerpunktmäßig mit der Krankheit beschäftigen.

„Wachkoma“ und „Minimal Conscious State“

Rehabilitation: Allein schon aufgrund der Schwierigkeit der Diagnosenstellung „Wachkoma“ bzw „minimal conscious state“ und dem dabei erforderlichen zeitlichen Abstand zur stattgehabten in der Regel hypoxischen Hirnschädigung ist die Diagnose kaum im Akutspital zu stellen. Im Rahmen einer etwa 2 bis 3 wöchigen stationären Standortbestimmung in einer dafür geeigneten neurologischen Reha-Klinik mit ausgewiesener Erfahrung auf diesem Gebiet kann nicht nur die Diagnose gesichert und gegen allfällige DD (Locked In Syndrom!) abgegrenzt werden, sondern auch ein – begrenztes – aber u.U. nicht unwichtiges Rehaziel definiert werden (Senkung einer spastischer Komponenten, z.B. Pumpenimplantation, Botulinumtoxin A-Injektionen aus pflegerischen Gründen, Schluckabklärung).

(Hirn-) Organische Psychosyndrome / Psychomental schwer geschädigte Patienten

Medikation: Nicht selten werden in diesem Bereich Medikamente „off label use“ eingesetzt. Grundsätzlich erfolgt dabei keine Vergütung - in Ausnahmesituationen mit VA-Zustimmung jedoch möglich.

Rehabilitation: Diese Krankheitsbilder haben je nach Ursache (Durchgangssyndrome nach SHT, Hirnoperationen, Hirnblutungen, Enzephalitiden) durchaus eine günstige Prognose. Häufig sind dabei aufgrund eigen- oder fremdgefährdender Verhaltensweisen der Patienten geschlossene Abteilungen erforderlich, die an manchen neurologischen Reha-Kliniken eingerichtet sind. Ebenfalls sind spezielle (verhaltenstherapeutische neuropsychologische) Konzepte erforderlich. In der Regel gehören diese Patienten nicht in die Psychiatrie!

Querschnittlähmungen

Diagnostik: Hier speziell neuro-urologische Funktionsdiagnostik (s.o.)

Medikation: z.B. Botulinum A-Toxin (s.o.)

Operationen: s. o.

Rehabilitation: In aller Regel ist bei frischen, traumatischen und vollständigen Querschnittlähmungen die umfangreiche Ausstattung eines Paraplegiologischen Zentrums erforderlich. In Ausnahmefällen (Rücksprache mit Rehaklinik!) auch in rein neurologischen Reha-Kliniken.

Hilfsmittel: z.B. Umweltkontrollsysteme (s. o.).

Periphere Lähmungen

Rehabilitation: In der Regel kommen wohl in erster Linie ambulante Reha-Verfahren zur Anwendung. Bei gleichzeitig vorliegenden psychomentalen Beeinträchtigungen oder schwerwiegenden Begleiterkrankungen auch stationär.

Funktionelle („psychogene“) Lähmungen

Bei diesen Patienten kann sowohl eine neurologische, eine psychiatrische oder psychosomatische stationäre Rehabilitation erforderlich werden. Sinnvollerweise sollte ein enges Zusammenspiel der in Frage kommenden Spezialeinrichtungen erfolgen.

Stationäre Neurorehabilitation

Die stationäre Neurorehabilitation soll nur in dafür personell und apparativ eingerichteten Institutionen durchgeführt werden. Es wird auf den Artikel «Anforderungskriterien der ALVR für die stationäre Neurorehabilitation» von O. Knüsel et al. in SAeZ (1999;80:2974–6) verwiesen. Aufgabe des Vertrauensarztes ist es, für den Patienten die (ambulante oder stationäre) Rehabilitationsbedürftigkeit zu beurteilen. Daher müssen ihm die behandelnden Ärzte zu Beginn und im Verlauf der Rehabilitation regelmässig über den Stand der Behandlungen und das Rehabilitationspotential Bericht erstatten. Unerlässlich sind dabei standardisierte und nach Möglichkeit evaluierte Assessments und Skalen (z.B. FIM, Barthel-Index, UPDRS bei der Parkinsonerkrankung, EDSS bei der Multiplen Sklerose sowie im Bereich der Frührehabilitation FBI = Frühreha-Barthel-Index, EFA = Early Functional Ability) mittels derer Ausgangssituation, Fortschritte im Reha-Verlauf und Outcome auch objektiv durch den Vertrauensarzt mitbeurteilt werden können.

Ein weiteres Problem besteht in der Auswahl der geeigneten Rehabilitationseinrichtung. Auch hier muss auf den Einzelfall abgestellt werden. Nicht immer ist dabei unter Berücksichtigung der „WZW-Regel“ ein neurologisches Krankheitsbild auch in einer ausgewiesenen Spezialklinik zu behandeln. Beim unkomplizierten Schlaganfall und in Abhängigkeit vom Lebensalter kommen z.B.auch Geriatrische Reha-Kliniken in Frage. Nicht immer ist aber auch z.B. für eine Querschnittlähmung ein hochspezialisiertes paraplegiologisches Zentrum erforderlich (z.B. bei reversiblen, inkompletten Querschnittsyndromen. Entsprechende Erfahrungen in neurologischen Reha-Einrichtungen sowie z.B. urologische und/oder neurochirurgische Kompetenz sind jedoch vorauszusetzen. Auch bezüglich formal „rein“ orthopädischer Krankheitsbilder (z.B. operierte Spinalkanalstenosen oder Bandscheibenoperationen) ist – insbesondere bei vorhandenen neurologischen Defiziten (Lähmungen, ausgeprägte Schmerzsymptomatik, Depression, Begleitkrankheiten) zu prüfen, ob nicht doch eine neurologisch geführte Rehabilitation schneller zum (erwünschten) Therapieziel führt. Hilfreich sind dabei eventuelle Behandlungsschwerpunkte der in Frage kommenden Reha-Kliniken.

Die notwendige Rehabilitationsdauer lässt sich nur individuell festlegen. Dennoch gibt es gewisse Richtzeiten: Unkomplizierte Schlaganfälle 3 bis 6 Wochen, Schlaganfälle mit Aphasie, Pusher- oder Neglectsymptomatik 3 bis 4 Monate (auch in Abhängigkeit davon, ob der Patient wieder zuhause wird leben können oder ob sich eine Platzierung in einem Pflegeheim abzeichnet), Paraplegie 3 bis 6 Monate, Tetraplegie 9 bis12 Monate.

Standortbestimmungen und Überprüfung des Rehabilitationspotentials bei speziellen Krankheitsbildern („Wachkoma“, organische Psychosyndrome traumatischer Genese, bösartige Hirntumoren, z.B. Glioblastom, Schmerzsyndrome in speziellen Fällen) sollten in 2 bis 3 Wochen möglich sein.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang das primäre Rehabilitationsziel (z.B. Rückkehr an den Arbeitsplatz, in die häusliche Umgebung oder Überleitung in eine Pflegeeinrichtung).

Um diese Fragen im Sinne der Patienten und der WZW-Regeln beurteilen und mitentscheiden zu können besteht seitens der Rehabilitationseinrichtungen eine „Bringpflicht“!

Manchmal wird in Frage gestellt, ob „bewusstlose“, bewusstseinsgetrübte, unmotivierte Patienten oder Patienten, die nicht aktiv an Therapien teilnehmen können, schon „reif“ sind für eine stationäre neurologische Rehabilitation. Dies muss vollumfänglich bejaht werden. Allerdings bedürfen diese Patienten einer sogenannten neurologischen „Frührehabilitation“. Dies gilt auch für noch beatmungspflichtige Patienten. Selbstverständlich sind dafür geeignete Zentren auszusuchen.

Rehabilitative Wiederholungsaufenthalte

Stationäre rehabilitative Wiederholungsaufenthalte, insbesondere auch beim stattgehabten Schlaganfall, können sinnvoll sein (in der Regel sicher nicht länger als 3 Wochen – es sei denn, es ergeben sich während der Rehabilitation neue rehabilitative Aspekte oder Ziele, die dem VA überzeugend dargelegt werden müssen). Zu prüfen ist immer auch, ob die vom behandelnden Arzt vorgeschlagenen Ziele der Rehabilitation, sich nicht auch tages-/teilstationär oder auch ambulant realisieren lassen.

Voraussetzungen für eine Wiederholungs-Reha: Compliance des Patienten (hinsichtlich Risikofaktoren, eingestelltes Rauchen, Gewichtsabnahme, stattgefundener Lebensstilwechsel), erkennbarer Leidensdruck, Verschlechterung der Motorik und/oder der Selbstständigkeit, neu aufgetretene Schmerzen, Versorgung zuhause ohne/mit Fremdhilfe, Erhalt der Selbstständigkeit oder Berufsfähigkeit bzw. Erhalt der Restarbeitsfähigkeit. Auch zur Standortbestimmung oder zur Überprüfung eines Reha-Potenzials kann eine Wiederholungs-rehabilitation indiziert sein.

Parkinson

Wie bei allen chronischen degenerativen Erkrankungen des Nervensystems können auch hier Wiederholungsrehabilitationen erforderlich werden, selten jedoch länger als 3 Wochen. Häufige Indikationen ergeben sich bei konkommitierenden Begleiterkrankungen (chirurgisch, internistisch, psychiatrisch), Exazerbationen z.B. nach Operationen (Hüftfrakturen!) oder anderen Aufenthalten im Akutspital (entgleister Diabetes, Infektionen!).

MS

Indikationen: Patienten mit ungenügender Erholung von einem akuten Schub mit persistierender Behinderung.

Drohender Verlust von wichtigen Funktionen und/oder Selbstständigkeit trotz ambulanter Therapien.

Patienten mit multifunktionellen Defiziten mit Bedarf eines intensiven multimodalen Therapieprogramms.

Schwerstbehinderte Patienten mit klar definierten Therapiezielen: Therapie von Symptomen/Komplikationen, welche ein interdisziplinäres Vorgehen voraussetzen (z.B. Patienten mit schwerer Spastik und/oder Kontrakturen: Physiotherapie, Seriengipsbehandlung in Kombination mit Antispastika, intrathekale Baclofen-Behandlung, Botulinumtoxin A-Behandlung, komplexe Schmerztherapie)

Einschränkungen:

  • Schwerstbehinderte Patienten ohne klar definierte und realisierbare Therapieziele sowie Patienten mit schweren kognitiven Defiziten rechtfertigen keine spezialisierte neurologische stationäre Rehabilitation. Zur Entlastung der Angehörigen ist auch eine temporäre Betreuung auf einer Pflegeabteilung zu prüfen.
  • Patienten mit schweren Begleiterkrankungen, welche eine adäquate Belastung nicht zulassen. Alternativ ist ein Aufenthalt in einer Akutklinik zur Behandlung der Begleiterkrankungen zu prüfen.
  • Patienten mit fehlender Motivierbarkeit und Kooperationsfähigkeit.

Anmerkung: Auch wenn gemäss den Kriterien einer Evidence-based Medicine (EBM) bis heute keine Studie mit Level-1-Evidenz vorgelegt werden konnte, kann festgehalten werden, dass mittlerweile eine gute klinische Evidenz besteht für die Effizienz einer stationären Rehabilitationsbehandlung bei der MS. Durch ein intensives stationäres, multidisziplinäres, individuell-adaptiertes Rehabilitationsprogramm kann eine Verbesserung der Behinderung, des Handicaps und der Lebensqualität erreicht werden. Dieser Effekt dürfte bei adäquater Vorbereitung des Patienten und der Angehörigen auf die poststationäre Phase über einen längeren Zeitraum von bis zu einem Jahr anhalten. Durch eine alleinige Physiotherapie (ambulant/stationär) wie auch durch andere spezifische Therapiemodalitäten lässt sich zwar ebenfalls eine Verbesserung der Mobilität und Behinderung erreichen, wobei diese Effekte jedoch häufig nur von kurzer Dauer sind.

Für den Langzeiteffekt von entscheidender Bedeutung ist vermutlich weniger die Restitution der Funktion als die verbesserte Kompensation, Rekonditionierung und Adaptation an die Erkrankung und Behinderung. Auf den zugrundeliegenden Krankheitsprozess und die Progredienz der MS haben rehabilitative Massnahmen naturgemäss keinen Einfluss. MS-Patienten mit leichten bis mittelschweren Behinderungen und polysyndromatischem Bild dürften am ehesten von einer intensiven stationären Behandlung profitieren:

Zur Erhaltung von Restfunktionen und Vermeidung sekundärer Komplikationen sind bei einem Teil der Patienten auch regelmässige ambulante Behandlungsphasen zu Hause zu prüfen (Domizilbehandlungen).

Ebenfalls wenig profitieren von stationären Behandlungen dürften Patienten mit ausgeprägten kognitiven Defiziten, da diese in ihrer Kooperationsfähigkeit und Lernfähigkeit eingeschränkt sind, was den Rehabilitationserfolg in Frage stellt.

Der Modus der rehabilitativen Massnahmen (stationäre multidisziplinäre Rehabilitation, ambulante bzw. Domizil-basierte Rehabilitation) ist immer auch abhängig von Krankheitscharakteristika, Behinderungsgrad, individuellen Anforderungen, spezifischen Zielen sowie von der Verfügbarkeit der Therapien.

Die beste Evidenz für die Wirksamkeit findet sich für das Konzept einer multidisziplinären Rehabilitation. In einer

systemischen Cochrane Review konnte festgestellt werden, dass durch eine multidisziplinäre stationäre

Rehabilitation bei Multipler Sklerose eine Verbesserung in den persönlichen Aktivitäten (Behinderung) und

sozialer Partizipation erreicht werden kann, auch wenn keine Verbesserungen auf funktioneller Ebene gemessen am EDSS als Ausdruck der Krankheitsprogression) nachweisbar sind. Eine wichtige Schlussfolgerung der genannten Cochrane Review ist die Empfehlung, dass MS-Patienten regelmässig - unabhängig von der Verlaufsform - hinsichtlich der Notwendigkeit angemessener rehabilitativer Massnahmen evaluiert werden und dass Modus und Art der Rehabilitationsmassnahmen den spezifischen Bedürfnissen der Betroffenen angepasst werden sollten. Für ambulante bzw. Domizil-basierte multidisziplinäre Rehabilitationsprogramme ist der Therapieeffekt mit begrenzter Evidenz für eine kurzzeitige Verbesserung der Symptome, Behinderung, Partizipation und Lebensqualität weniger klar belegt.

Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit

Wie bei allen anderen Erkrankungen auch sind bei den neurologischen Krankheitsbildern die administrativen Massnahmen des Versicherers mindestens ebenso wichtig wie die medizinischen. Der Vertrauensarzt muss daher veranlassen, dass bei jeder Arbeitsunfähigkeit frühzeitig, spätestens einen Monat nach Unterbruch der Arbeit, ein ausführlicher Bericht zu seinen Handen eingeholt wird. Da die Arbeitsunfähigkeit bekanntlich in Beziehung zum ausgeübten Beruf beurteilt werden muss, lassen sich gerade bei neurologischen Leiden keine allgemeinen Regeln festlegen (man denke z.B. an Stephen Hawking, der trotz schwerster körperlicher Behinderung in seinem Beruf als Physiker arbeitsfähig ist).

Wird die Begründung bzw. die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit vom VA angezweifelt, sollte frühzeitig eine Begutachtung veranlasst werden. Gerade bei neurologischen Leiden ist es wichtig, dass der Patient versteht, dass eine IV-Rente nicht Schmerzensgeld- oder Integritätsentschädigungscharakter hat, sondern lediglich einen Ausgleich für einen ökonomischen Schaden darstellt.

Quellen/Literatur:

  • Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie; 4. überarbeitete Auflage 2008, Georg Thieme Verlag, Stuttgart
  • „Schmerzen bei Läsionen im zentralen Nervensystem“, H. Goebel, Schmerzklinik Kiel
  • Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Ginkgohaltige Präparate bei Alzheimer Demenz. Abschlussbericht A05-19B . Köln: IQWiG; 2008).

Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

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