Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

24 Endokrinologie

Update, 3. Auflage, April 13

Rechtliche Grundlagen

KV

KLV

Art. 9b und 9c:

Ernährungsberatung, Diabetesberatung

Ernährungsberatung wird bei entsprechender Indikation auf ärztliche Verordnung 6 Sitzungen übernommen, bei erneuter Verordnung weitere 6 Sitzungen. Darüber hinaus können auf begründeten Vorschlag des behandelnden Arztes weitere Sitzungen übernommen werden.

Diabetesberatung wird auf ärztliche Verordnung für maximal 10 Sitzungen übernommen. Darüber hinaus können auf begründeten Vorschlag des behandelnden Arztes weitere Sitzungen übernommen werden.

KLV, Anhang 1

  • Übergewicht

Zum Begriff vgl. Rechtsprechung, unten.

Kap. 1.1: Bei einem BMI >40 stellt die chirurgische Behandlung der Adipositas eine Pflichtleistung dar. Daneben sind aber zwingend noch weitere Voraussetzungen zu erfüllen: Alter unter 60 Jahren, adäquate mindestens zweijährige er­folglose konservative Therapie zur Gewichtsreduktion, Durchführung in einem entsprechenden Zentrum. Ausserdem Vorliegen mindestens einer der folgenden sekundärer Komorbiditäten; D.m 2, art. Hypertonie, Hyperlipidämie, KHK, Schlafapnoe, PCOS, degenerative behindernde Veränderungen des Bewegungsapparates.

Kap. 2.1: Die konservative Behandlung der Adipositas ist eine Pflichtleistung bei einem Übergewicht von 20% oder mehr bzw. bei Komorbidität, welche durch Gewichtsreduktion verbessert wird. Keine Pflichtleistungen sind Gewichtsreduktionen mit Amphetaminen, Gonadotropinen oder Schilddrüsenhormonen.

Xenical® , Reductil und Acomplia sind in der SL aufgeführt, siehe entsprechende Limitationes.

  • Osteoporose

Siehe Kapitel «Bewegungsapparat und Radiologie».

  • Diabetes mellitus

Kap. 2.1: Die Insulintherapie mit Infusionspumpe wird übernommen, sofern die Umstellung durch ein entsprechendes Zentrum oder einen erfahrenen Fachspezialisten erfolgt, nachdem zuvor unter Basis/Bolustherapie keine zufriedenstel­lende Einstellung erzielt werden konnte.

Die kombinierte Nieren-Pankreas-Transplantation ist eine Pflichtleistung. Die isolierte Pankreastransplantation ist keine Pflichtleistung. Die isolierte Inselzelltransplantation befinte sich momentan noch in Evaluation.

  • Enterale und parenterale Ernährung zu Hause

Kap. 2.1: Wird als Pflichtleistung übernommen, sofern perorale sondenfreie Ernährung nicht möglich ist. Parenterale Ernährung zu Hause wird als Pflichtleistung anerkannt.

  • Impotenz

Chirurgische Behandlung: siehe Kapitel «Urologie» und zur präoperativen Abklärung: www.vetrauensaerzte.ch.

Medikamentöse Therapie: In der SL aufgeführt ist nur Caverject® (mit Limitatio), Phosphodiesterasehemmer sind hingegen nicht in der SL aufgeführt und deshalb keine Pflichtleistung.

Erektionshilfen: siehe MiGeL, Pos. 99.01 (mit Limitatio) (siehe auch Kapitel «Urologie»).UV

Keine besonderen Bestimmungen

IV

GgV

Ziff. 451–468.

Der Diabetes mellitus eines Säuglings von 8 Wochen kann als Geburtsgebrechen 451 GgV anerkannt werden, wenn nachgewiesen wird, dass schon in den vier ersten Lebenswochen eine Zuckerausscheidung im Urin stattgefunden hat (KSME, Rz. 5 sowie 451ff).

Gerichtsurteile

Übergewicht – Adipositas

  • K 136/03 (stellvertretend für viele) zum Begriff des Übergewichtes: Eine Person gilt als übergewichtig (adipös), wenn der Body Mass Index (BMI), also der Quotient von Körpergewicht (kg) und Körperlänge im Quadrat (m2) grösser als 25 ist.
  • K 68/06: Eine stationäre Diätkur ist keine Pflichtleistung, wenn eine zielgerichtete, unter ärztlicher Aufsicht und Einbezug der Familie vorgenommene Massnahme zur Gewichtsreduktion im Sinne einer interdiszplinären, nach festem Therapieplan durchgeführten Betreuung in ambulantem Rahmen bisher nicht stattgefunden hat.

Diabetes mellitus

K 8/04: Es gibt keinen Richtwert für die Anzahl der durch die OKP jährlich höchstens zu vergütenden Teststreifen für die Blutzuckermessungen. Die Häufigkeit wird durch den Facharzt bestimmt, dies auch im Hinblick darauf, einen möglichst normalen Blutzuckerspiegel über 24 Stunden herbeizuführen, um Spätkomplikationen zu vermeiden. Dabei haben Facharzt und versicherte Person zu beachten, dass im Rahmen der auch im Bereich der sozialen Krankenversicherung geltenden Schadenminderungspflicht der Messstreifenverbrauch grundsätzlich auf das zumutbare Mass zu beschränken ist. Im vorliegenden Fall ist gestützt auf die Bestätigung des Facharztes erstellt, dass die Beschwerdeführerin, die einen sehr labilen Diabetes aufweist, auf Grund ihrer individuellen Lebensumstände täglich durchschnittlich acht Blutzucker-Messungen vornehmen muss. Die OKP muss für die dafür benötigten Teststreifen aufkommen.

Aufgaben des Vertrauensarztes

Übergewicht – Adipositas

Konservative Behandlung

Zu den Voraussetzungen einer Kostenübernahme vgl, oben, 18.1.1 und Kap. 2.1 des Anhanges 1 zur KLV.

Die Appetitzügler wurden auf die LPPV der Krankenversicherer gesetzt (www.lppv.ch).

Chirurgische Behandlung: Gastric banding (und Bypass-Verfahren)

Folgende Grundregeln müssen zur Indikationsstellung herangezogen werden:

  • Alter <60 Jahre;
  • BMI >40;
  • (übrige ebenfalls zwingend zu erfüllende Bedingungen siehe KLV, Anhang 1).

Beim Gastric banding müssen die teilweise sehr umfassenden Abklärungen zur Indikationsstellung kritisch hinterfragt werden. Obligat sind Gastroskopie, Abdomensonographie und Lungenfunktion nebst den üblichen präoperativen Untersuchungen. Routinemässiges Bestimmen der Vitamine, von Leptin, Dexamethasonhemmtest oder nächtlicher Pulsoxymetrie ohne entsprechende klare Indikation ist wenig sinnvoll.

Im Gegensatz zum Gastric banding kommt es bei Bypass-Verfahren relativ häufig zu Vitaminmangelzuständen. Entsprechende Abklärungen sind hier sinnvoll.

Die zu übernehmende Behandlung betrifft nur die Operation selbst. Für eventuelle nachfolgende plastisch-chirurgische Eingriffe vgl. hinten, Kap. 27.

Abmagerungskuren im Spital oder im Erholungsheim

Stationäre Abmagerungskuren sind weder zweckmässig noch wirtschaftlich (vgl. auch oben, 18.2.1).

Sie können ausnahmsweise übernommen werden, um eine Verbesserung schwerwiegender Begleiterscheinungen zu erreichen oder um das Operationsrisiko bei einem geplanten Eingriff zu verringern.

Risikobeurteilung

Übergewicht führt oft zu Gefäss- oder Gelenkleiden bzw. zu plastisch-chirurgischen Operationen. Leistungsausschlüsse können gemäss VVG aufgrund bestehender Folgeerscheinungen oder möglicher zukünftiger Folgekrankheiten angebracht sein.

Arbeitsunfähigkeit

Die Adipositas ist selten der einzige bzw. wichtigste Grund einer Arbeitsunterbrechung. Vielmehr ist sie oft mit anderen Krankheiten verbunden, die eine Arbeitsunterbrechung rechtfertigen. Diese Krankheiten sollten unabhängig von der Adipositas bewertet werden.

Invalidität

Hier sind es wiederum Komplikationen wie Herz-/Kreislauf- und Knochenleiden sowie psychische Komponenten der Adipositas, welche eine Invalidität rechtfertigen können. Gelegentlich wird von der IV "Gewichtsreduktion unter ärztlicher Leitung" als Schadenminderungspflicht auferlegt.

Die Unfruchtbarkeit des Mannes

Die Hormonbehandlung ist umstritten. Siehe betreffende Einschränkungen in der SL. Die Gonadotropin-Therapie hat eine Erfolgschance von 20%. Sie sollte nicht übernommen werden.

Literaturhinweise

1 Triomphe A, Flori YA, Hache C, Batais J. Les conséquences socio-économiques des maladies: l’exemple du diabète. Journal d’économie médicale 1993;11:107–21.
2 Sittaro NA. Bewertung und Tarifierung von Übergewicht mit Hilfe des Body-Mass-Index. Versicherungsmedizin 1994;216–21.

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