Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

WZW Einführung und Übersicht

WZW: wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich

Die drei Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW) spielen sowohl für die Bestimmung und Überprüfung von Pflichtleistungen der OKP (Art. 32 und 33 KVG) als auch bei der Erbringung von medizinischen Leistungen (Einsatz und Mittel) im Einzelfall (Art. 56 KVG) eine zentrale Rolle. Insgesamt sollen diese Grundsatzkriterien des KVG dazu beitragen, die Krankenversicherer beziehungsweise das auf Solidarität basierende Krankenversicherungssystem vor missbräuchlichen Inanspruchnahmen von Leistungen zu schützen (siehe auch BGE 126 V 334 E. 2c.)

Die drei WZW-Kriterien ― wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich ― decken für sich einzeln gesehen je unterschiedliche Merkmale einer Leistung ab, sind aber gleichzeitig hochgradig voneinander abhängig und miteinander verbunden: So setzen die Kriterien der Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit einerseits die Erfüllung des Wirksamkeitskriteriums voraus. Andererseits beeinflusst die Zweckmässigkeit ― im Sinne eines angemessenen Mitteleinsatzes ― das Kriterium der Wirtschaftlichkeit stark.

Daraus folgt, dass die Beurteilung der wzw-Kriterien die zentrale Aufgabe der Vertrauensärzte ist.

Zur Beurteilung der Frage, ob seitens der Krankenversicherer in Bezug auf eine bestimmte medizinische Leistung eine grundsätzliche Vergütungspflicht besteht beiziehungsweise diese Leistung in den Pflichtleistungskatalog in der Krankenpflege–Leistungsverordnung aufgenommen werden soll, ist das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) zuständig. Das EDI entscheidet über diese Frage gestützt auf eine Empfehlung der Eidgenössischen Leistungs- und Grundsatzkommission (ELGK). Ihre Empfehlung über die Vereinbarkeit einer bestimmten Leistung mit den WZW Kriterien erarbeitet die ELGK insbesondere gestützt auf das vom BAG erstellte Arbeitspapier über die Operationalisierung der Begriffe Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit. Mit der Operationalisierung und Systematisierung der Arbeitsweise des wissenschaftlichen Sekretariats und der ELGK beabsichtigt der Bund, die Bewertung des gesamten Leistungsbereichs den internationalen Standards des Health Technology Assessments (HTA) anzugleichen, was zur Vertiefung und Professionalisierung der Anwendung der WZW Kriterien beitragen soll (Hinweis: Bei der Erstellung der Spezialitätenliste gemäss Art. 34 KVG wird das BAG von der Eidgenössischen Arzneimittelkommission (EAK) beraten. Die Eidgenössische Kommission für Analysen, Mittel und Gegenstände (EAMGK) hingegen berät das EDI bei der Erstellung der Analysenliste gemäss Art. 34 KVG und bei der Beurteilung und Festsetzung der Vergütung von Mittels und Gegenständen nach Art. 33 Bst. e KVG.).

Grundsätzlich gilt jede durch das EDI auf diesem Weg zugelassene Pflichtleistung als WZW-konform, da die Vereinbarkeit der Leistung mit den WZW Kriterien bereits bei der Zulassung vom EDI genehmigt wurde. Allerdings muss aber auch bei einer zugelassenen Pflichtleistung die Anwendung im konkreten Einzelfall geprüft werden. Eine zugelassene Pflichtleistung kann in der Einzelfallüberprüfung beispielsweise als unzweckmässig oder unwirtschaftlich beurteilt werden, womit die Leistungspflicht der Krankenversicherung entfällt.

Damit eine konkrete Leistung auf ihre Vereinbarkeit mit den WZW Kriterien überprüft werden kann, müssen Informationen über das zugrundeliegende Gesundheitsproblem sowie die medizinische Intervention bekannt sein.1 Ausserdem ist vorgängig herauszuarbeiten, in welchem Verhältnis die zu beurteilende Leistung zu den jeweils bereits bestehenden, aktuellen diagnostischen bzw. therapeutischen Standardverfahren für das entsprechende Gesundheitsproblem steht und ob sich die zu beurteilende Leistung mit der in der Schweiz geltenden Gesetzgebung in grundsätzlicher Art und Weise vereinbaren lässt.

Das BAG prüft die von Swissmedic registrierten Arzneimittel auf deren Vereinbarkeit mit den wzw-Kriterien und setzt den Preis fest. Mit der Aufnahme eines Arzneimittels auf die SL wird das Wirtschaftlichkeitskriterium als erfüllt erachtet.

Beispiele von wzw-Prüfungen durch den Vertrauensarzt:

Folgende Hierarchie ist bei der Überprüfung einer Leistung sinnvoll:

  1. Überprüfung der Wirksamkeit.
  2. Überprüfung der Zweckmässigkeit: Gibt es verschiedene Methoden oder Operationstechniken, welche objektiv den Erfolg der Behandlung der Krankheit erwarten lassen, mit anderen Worten als wirksam im Sinne von Art. 32 Abs. 1 KVG gelten, ist für die Reihenfolge der Wahl unter dem Gesichtspunkt des Umfangs der Kostendeckung durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Frage der Zweckmässigkeit der Massnahme von vorrangiger Bedeutung (BGE 127 V 238 E. 5, BGE 130 V 532 E. 2.2).
  3. Überprüfung der Wirtschaftlichkeit: Ist die Leistung sowohl wirksam als auch zweckmässig, so ist die Leistung zudem wirtschaftlich, wenn kein erhebliches Missverhältnis zwischen Aufwand und Nutzen besteht. Bestehen zwischen zwei alternativen, unter dem Gesichtspunkt der Zweckmässigkeit aber gleichwertigen Behandlungsmethoden keine Unterschiede, ist grundsätzlich die kostengünstigere und damit wirtschaftlichere Massnahme zu wählen (BGE 127 V 238 E. 5).

Für die Leistungspflicht relevante gesetzliche Grundlagen

KVG Art. 32 Voraussetzungen: "Die Leistungen nach den Artikeln 25-31 müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Die Wirksamkeit muss nach wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen sein.“

Der Versicherer hat die Möglichkeit, Leistungen anlässlich eines Kostengutsprachegesuches des Leistungserbringers abzulehnen, wenn sie die definierten Kriterien von WZW nicht erfüllen. Er kann mit derselben Begründung auch die Vergütung von bereits erbrachten Leistungen nachträglich verweigern. Durch diese Möglichkeit übt der Versicherer eine gewisse Einflussnahme auf die Behandlung aus. Da die Krankenversicherung entgegen der obligatorischen Unfallversicherung nicht die Behandlung per se sondern nur die Kosten der Behandlung schuldet, ist die Einflussnahme auf die Behandlung selber nur indirekter Art.

Die Pflicht zur Einhaltung von WZW richtet sich an den Leistungserbringer. Ein Kostenrisiko für eine unwirtschaftliche Behandlung trägt aber auch die versicherte Person selber, sofern sie vom Leistungserbringer über diese Problematik aufgeklärt worden ist.

Bezeichnung der Leistungen - Krankheit

Grundvoraussetzung für die Entstehung eines Anspruchs auf Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung ist das Vorliegen einer Krankheit. Nebst dem Vorliegen einer Krankheit bilden auch der Krankheitswert und die Behandlungsnotwendigkeit weitere Voraussetzungen für das Entstehen von Ansprüchen gegenüber der OKP. Die gesundheitliche Beeinträchtigung muss ein gewisses Mindestmass erreichen, um Krankheitswert zu erlangen bzw. das Krankheitskriterium der Behandlungsbedürftigkeit zu erfüllen. Die Behandlungsbedürftigkeit ist mit anderen Worten erst dann gegeben, wenn die Beeinträchtigung der Gesundheit die körperlichen oder geistigen Funktionen in so beträchtlichem Masse einschränken, dass der Patient ärztlicher Hilfe bedarf. Um sodann Leistungsansprüche stellen zu können, muss die betroffene Person versichert sein und kein anderer Versicherer leistungszuständig sein (siehe auch BGE 137 V 295, E. 4.2.2, EUGSTER SBVR, Kapitel E, Rz. 328).

Damit eine Leistung von der OKP übernommen wird, müssen gemäss KVG ferner folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:

  • Erbringung der Leistung am richtigen Ort bzw. in der dafür zweckmässigen Einrichtung (Art. 25 Abs. 2 lit. a KVG).
  • Erbringung der Leistung durch einen in Art. 25 Abs. 2 lit. a KVG aufgeführten und entsprechend qualifizierten Leistungserbringer.
  • Kein gesetzlich vorgesehener Ausschluss der Kostenübernahme für die entsprechende Leistung (Art. 33 KVG).
  • Die erbrachten Leistungen müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein (Art. 32 Abs. 1 KVG (siehe auch Art. 24 KVG i.V.m. Art. 25-31 KVG und Art. 32-34 KVG, Bger K 142/2003 vom 24. Juni 2004, E. 1.2.

Unfall - Mutterschaft

Siehe Art. 4 und Art. 5 ATSG. Grundsatz KVG Art. 24: Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt die Kosten für die Leistungen gemäss den Artikeln 25-31 nach Maßgabe der in den Artikeln 32-34 festgelegten Voraussetzungen.

Es bestehen gemäss Art. 24 KVG folgende Voraussetzungen der Leistungsübernahme durch die soziale Krankenversicherung. Zu beachten ist, dass alle Voraussetzungen erfüllt sein müssen:

  • Erbringung der Leistung am richtigen Ort (Art. 25 Abs.2 lit.a KVG, Einleitung)
  • Erbringung der Leistung durch einen in Art. 25 Abs. 2 lit.a Ziff. 1- 3 KVG aufgeführten und entsprechend qualifizierten Leistungserbringer
  • Kein Ausschluss der entsprechenden Leistung (Art. 33 KVG)
  • Die erbrachten Leistungen müssen wirksam (wissenschaftlicher Wirksamkeitsnachweis), zweckmässig und wirtschaftlich sein (Art. 32 Abs. 1 KVG)

Jede zugelassene Pflichtleistung gilt als wzw konform, da die wzw Kriterien bereits bei der Zulassung überprüft und als erfüllt betrachtet wurden. Aber: Auch bei einer zugelassenen Leistung muss deren Anwendung im konkreten Einzelfall hinsichtlich der Zweckmäßigkeit geprüft werden. Eine zugelassene Pflichtleistung kann in der Einzelfallüberprüfung sehr wohl als unzweckmäßig beurteilt werden, womit die Leistungspflicht in diesem Fall entfällt.

Merke: Eine unnötige oder unzweckmässige Behandlung kann nie wirtschaftlich sein.

Folgende Hierarchie bei der Prüfung der WZW Kriterien ist sinnvoll:

  1. Prüfung der Wirksamkeit der Massnahme
  2. Untersuchung der Zweckmässigkeit anhand verschiedener Behandlungsmethoden
  3. Wirtschaftlichkeit: Sind Wirksamkeit und Zweckmässigkeit erfüllt, so ist eine Leistung wirtschaftlich, wenn kein erhebliches Missverhältnis zwischen Aufwand und Nutzen besteht.

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