Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

Underwriting

Darunter wird das in der privaten Versicherungswirtschaft gängige Verfahren bezeichnet, „Risiken zu zeichnen“. Dazu bedienen sich die Versicherer Tabellen und Daten,

Privatversicherungen stellen eine „Risikogemeinschaft ihrer Kunden“ dar, die bestrebt sind, die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen für die Gemeinschaft oder den Einzelnen so gering wie möglich zu halten. Im Gegensatz zu den Sozialversicherungen mit einer Aufnahmepflicht steht die individuelle Risikoprüfung eines Privatversicherers, der einen Antragstellerablehnen kann.. Im Gegensatz zum in der Sozialversicherung gültigen Solidaritätsprinzip gilt in der Privatassekuranz das Äquivalenzprinzip. Auch bei der Leistungserbringung unterscheiden sich die beiden Versicherungsarten. Während die Leistung im privaten Vertrag sich an den einmal vereinbarten Vertragsbedingungen orientiert, ist die Leistungserbringung in der Sozialversicherung offen, bedingt durch allfällige Gesetzes- und Verordnungsänderungen. die sie aus ihren Portfolios oder allgemein zugänglichen Statistiken ableiten.

Man unterscheidet Underwriting (UW) in der Personen- und der Sachversicherung. Immer geht es darum, erhöhte Risiken zu identifizieren und adäquat zu tarifieren. In der Personenversicherung, also Todesfallrisiko-, Invaliditäts- und Krankenzusatzversicherung unterscheidet man folgende Bereiche:

  • Medizinische Risikoprüfung: individueller Gesundheitszustand, Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe
  • Finanzielle Risikoprüfung
  • Berufliche Risikoprüfung
  • Sportrisiken
  • Auslandrisiken für Beruf und Reisen

So gelten in der Todesfall- und Invaliditätsrisikoversicherung die Manuale als Grundlage der Prämienberechnung, während in der Krankenversicherung der Pro-Kopf-Schaden gerechnet wird.

In der Pflegeversicherung wiederum gilt die altersabhängige Pflegewahrscheinlichkeit und in der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsversicherung die gesundheitsabhängige Eintrittswahrscheinlichkeit.

Medizinisches Underwriting

Dieses wird nur bei Versicherungsprodukten durchgeführt, bei welchen das VVG die geltende Rechtsgrundlage ist, z.B. bei Todesfallrisiko- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen, bei gemischten Produkten, bei Zusatzversicherungen im Rahmen von UVG, KVG und Taggeld sowie im überobligatorischen Bereich des BVG. Ziel ist eine Antiselektion zu vermeiden, d.h. eine risikogerechte Annahme der Antragsteller. Zwingende Voraussetzung dazu ist die sogenannte Informationssymmetrie, d.h. der Versicherer muss über alle gesundheitlichen Einschränkungen genauso gut informiert sein, wie der Antragsteller selber. Verschweigt der Antragsteller wesentliche gesundheitliche Einschränkungen, so verwehrt er dem Versicherer die risikogerechte Annahme seines Vertrages und macht sich der vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung schuldig. Diese berechtigt den Versicherer im Leistungsfall, vom Vertrag zurückzutreten, wenn das Verschweigen gefahrerheblich war. Anders verhält sich der Sachverhalt, wenn der Antragsteller selber über eine bestehende Erkrankung nicht informiert war und diese dann auch nicht benennen konnte. Die Freiwilligkeit eines privaten Vertrages birgt immer die Gefahr, dass sich eher kranke als gesunde Personen versichern. Deshalb erfolgt eine Selektion durch Risikoprüfung beim Versicherer. Erhöhte Todesfall- oder Invaliditätsrisiken (z. B. bei koronarer Herzerkrankung) werden mit Prämienzuschlägen versichert, da das Risiko sowohl zu sterben als auch invalide zu werden höher ist als bei einer gesunden Vergleichsperson.

Darunter wird eine versicherungsinduzierte Verhaltensänderung des Versicherten verstanden, da er nun „unter dem Schutz der Versicherung“ Vorsichtsmaßnahmen weniger beachtet oder einen erhöhten Begehrensanspruch entwickelt.

Der beratende Arzt muss für diese Aufgabe folgende Voraussetzungen erfüllen resp. Kenntnisse haben:

  • Profundes medizinisches Allgemeinwissen
  • Epidemiologische Kenntnisse
  • Statistiken zur Prognose von Erkrankungen
  • Wissenschaftliche Recherchekenntnisse zur Begründung von Voten
  • Produkte des Unternehmens
  • Kenntnis der Geschäftspolitik des Unternehmens
  • Didaktische Fähigkeiten zur Erklärung komplizierter medizinischer Zusammenhänge für Nichtmediziner

Versicherungsärztlicher Beitrag zum Underwriting

Versicherungsärzte stehen dem UW lediglich in beratender Funktion zur Seite. Sie fällen im juristischen Sinn keine Entscheide, analog dem Vertrauensarzt im KVG.

Sinn und Zweck des Underwriting

Das UW soll den Versicherer wie auch die Gesamtheit der dort Versicherten vor finanziellen Verlusten schützen, da Verluste zu Prämienerhöhungen aller Versicherten führen würden. Im Gegensatz zur klinisch tätigen Ärzteschaft, der viele Daten aus der Krankengeschichte ihrer Patienten zur Verfügung stehen, muss in der Versicherungsmedizin im Rahmen des UW aufgrund von wenig Daten rasch entschieden und eine Prognose für die gesamte Laufzeit des Vertrags erstellt werden.

Antragstellende und ihre Anzeigepflicht

Betreuende Ärzte sehen sich oft als Anwälte für Patientenrechte. Daher sollten sie den Versicherungsschutzsuchenden, die sie behandeln, auch darlegen, dass jene in ihrem ureigenen Interesse ehrliche und vollständige Angaben im Antrag machen sollen. Wenn sich im Schadenfall nämlich herausstellt, dass etwas verschwiegen oder bewusst falsch dargestellt wurde, kann sich die Versicherungsgesellschaft auf Anzeigepflichtverletzung berufen und muss die Leistungen nicht erbringen – und dies in genau dem Moment, in dem die Versicherten diese Leistungen dringend benötigen!

Antragstellende müssen gemäss Art. 4 VVG alle Fragen richtig und vollständig beantworten und tragen die Verantwortung dafür selbst - auch wenn Dritte wie Agenten oder Makler beim Ausfüllen des Antrags helfen (BGE 108 II 550, 96 II 208 f. Erw. 3, 72 II 131 f. Erw. 4). Der Versicherer ist keineswegs dazu verpflichtet, die gemachten Angaben zu überprüfen, sondern darf sich gemäss des Grundsatzes von Treu und Glauben auf die Angaben verlassen (BGE 73 II 56 Erw. 6).

Wird einem Versicherten eine Anzeigepflichtverletzung nachgewiesen, dann kann der Versicherer nach Art. 6 VVG vom Vertrag zurücktreten und gemäss Art. 100 Abs. 1 VVG und Art. 62 Abs. 1 OR bereits erbrachte Leistungen zurückfordern. Eine Anzeigepflichtverletzung liegt dann vor, wenn der Antragsteller eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte oder kennen musste, und die Gegenstand einer schriftlichen Frage des Versicherers im Sinne von Art. 4 VVG bildete, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen hat.

Seit dem 1.1.2006 gilt im revidierten VVG bezüglich der Leistungsbefreiung des Versicherers neu ein Kausalitätserfordernis. Der Versicherer ist nur noch leistungsfrei, wenn die verschwiegene oder unrichtig angezeigte erhebliche Gefahrstatsache den späteren Schaden beeinflusst hat. Für die übrigen Schadenfälle muss er die Leistungen erbringen. Die Anzeigepflichtverletzung führt zudem neu zu einem Kündigungsrecht des Versicherers.

Verhältnismäßigkeit, Diskriminierung und Antiselektion

In jedem Fall sollte beim UW stets der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Bei Fragen nach Ethnie, Alter, Geschlecht, Lebensstil und Familienanamnese müssen die geltenden Diskriminierungs- und Antirassismusgesetze eingehalten werden. Auf der anderen Seite müssen sich holistisch arbeitende Underwriter bewusst sein, dass beim UW für Invaliditäts-Versicherungsprodukte auch äußere Faktoren, wie die Rechtsprechung und die allgemeine Wirtschaftslage einerseits und diverse individuelle weiche Faktoren andererseits, die im Umfeld des Versicherten zu finden sind, ungleich wichtiger sind als harte medizinische Fakten.

Ablauf der Arbeitsprozesse im Underwriting

Als erstes erfolgt eine formelle Prüfung der Unterlagen durch das UW: Sind die Antragsformulare und die benötigten Informationen vollständig? Bestehen weitere Versicherungsdeckungen des Antragstellers? Dann führt das UW eine materiell-versicherungstechnische Prüfung des Antrags durch: Wer ist der Versicherungsnehmer, wer sind die Versicherten, wer sind die Begünstigten? Was genau ist der Versicherungszweck? Wie ist der Versicherungsbedarf und wie hoch ist der vom Antragsteller gewünschte Deckungsumfang? Welches Produkt wird gewünscht, bzw. wäre anzuraten? In einem dritten Schritt prüft das UW die finanziellen Verhältnisse des Antragstellenden. Je nach Höhe der Versicherungssumme werden detaillierte Unterlagen eingefordert, z.B. Steuerunterlagen und Betriebs-Bilanzen. Das Berufsumfeld wird abgeklärt: Wohn- und Arbeitsort, Anforderungsprofil der beruflichen Tätigkeit, absolvierte Ausbildungen, Berufsbiografie sowie Reisen und Freizeitaktivitäten werden dazu unter die Lupe genommen. Insbesondere bei Invaliditäts-Versicherungsprodukten ist die Höhe der Einkommens-Ersatzrate wichtig. Ist sie sehr hoch, dann besteht für die Versicherten nur wenig Anreiz, die Arbeit wieder aufzunehmen, bzw. dies innert angemessener Frist zu tun.

Normalannahme

Annahme mit Vorbehalt, mit oder ohne Revisionsmöglichkeit, z.B.:

  • Policen- Definition anpassen, was unter Invalidität bzw. zumutbarer Arbeit zu verstehen ist
  • zeitlich begrenzter Vorbehalt für Störungen und Erkrankungen
  • lebenslanger Ausschluss von Störungen und Erkrankungen
  • Tarifmodifikation/Prämienzuschlag
  • Deckungssumme plafonieren
  • Laufzeit des Vertrags begrenzen
  • Zeit-Periode, in welcher die Leistung beantragt und erbracht werden darf, begrenzen
  • Wartefrist modifizieren

Konsequenzen aus Underwriting-Entscheiden

Annahme zu Normalbedingungen

  • Der unklare Befund wird vom UW als vernachlässigbar beurteilt und der Versicherungsantrag zu Normalbedingungen angenommen. Ist es tatsächlich ein harmloser Befund ohne pathologisches Korrelat, dann liegt der günstigste Fall vor: weitere Abklärungen sind für den Gesundheitszustand der antragstellenden Person nicht nötig, da sie nicht erkranken wird. Als Versicherte kommt sie in den Genuss einer niedrigen Prämie, die Versicherungsgesellschaft spart weitere Abklärungskosten und hat zufriedene neue Prämienzahler gewonnen.
  • Ist es jedoch kein harmloser Befund und wurde der Vertrag trotzdem zu Normalbedingungen angenommen, bedeutet es für die Versicherung einen finanziellen Verlust, wenn die versicherte Person dann kurz nach Abschluss invalide wird oder stirbt.

Zurückstellung, weitere Abklärung oder Annahme mit Erschwernis

  • Der unklare Befund wird vom UW als nicht vernachlässigbares Risiko eingeschätzt. Es bietet deshalb vorerst keinen Versicherungsabschluss an und rät der antragstellenden Person, den unklaren Befund abklären zu lassen. Die zweite Möglichkeit ist, dass es einen Vertrag mit Prämienzuschlag offeriert. Es kann auch einen Prämienzuschlag festsetzen und der antragstellenden Person zusätzlich anbieten, den Antrag nach einer vertieften Abklärung aufgrund der verbesserten Datenlage erneut zu prüfen. Die Frage ist dann nicht nur, ob das UW raten soll, den Befund weiter abzuklären und falls ja, wie ausführlich dies geschehen sollte, sondern auch, wer für die Abklärung zahlt.
  • Lässt die antragstellende Person ihren Befund nicht weiter abklären und akzeptiert den Risikozuschlag, dann zahlt sie eine zu hohe Prämie, wenn in Wirklichkeit ein harmloser Befund vorliegt.

Lässt die antragstellende Person ihren Befund abklären und stellt es sich heraus, dass der Befund nicht harmlos ist, wird eine Erschwernis angebracht oder der Antrag ganz abgelehnt.

Ablehnung

Generell ist eine Versicherungsgesellschaft an Abschlüssen und einem grossen Versichertenkollektiv interessiert. Doch es ist möglich, dass der unklare Befund den Ausschlag für eine Ablehnung gibt, insbesondere wenn noch andere Risikofaktoren vorliegen.

Qualitative Anforderungen an gutes Underwriting

Methodik und Entscheidungsvorgaben der Risikoprüfung in der Privatassekuranz sollten ständig überprüft und optimiert werden. Sie sollten evidenzbasiert und auf dem neuesten Stand des Wissens sein. Leistungsausschlüsse müssen umsichtig und gut verständlich formuliert sein, sonst sind sie im Leistungsfall rechtlich unhaltbar.

Probleme, Fragen und Diskussionsstoff

Am einfachsten ist das UW im Bereich der Todesfallrisikoversicherungen: das Ereignis, bei dem die Leistung geschuldet ist, ist klar deklariert: das Ableben der versicherten Person. Der Tod ist objektiv und einfach nachweisbar und er wird im Allgemeinen von den Versicherten nicht als anzustrebender Zustand gewünscht, daher ist der Anreiz seitens der versicherten Person, dass der Versicherungsfall möglichst nicht eintritt.

Die Mortalität von Todesfallrisikoversicherten ist geringer ist als die der Gesamtbevölkerung. Bei den Versicherungsprodukten, bei denen das reine Todesfallrisiko versichert ist, dominieren risikogerechte Prämien als Erschwernisform, denn die Grundprämie spiegelt bereits die in der Bevölkerung normal verteilten gesundheitlichen und unfallbezogenen Risiken wider. Das Risiko zu sterben beträgt für alle 100%. Daher wird bei höherem Mortalitätsrisiko von einer prozentualen Übersterblichkeit gesprochen, für die Prämienzuschläge erhoben werden. Anders verhält es sich, wenn nicht nur das Todesfallrisiko allein versichert wird, sondern wenn es mit dem Erwerbsunfähigkeits-Risiko kombiniert wird, wie es bei den gemischten Produkten der Fall ist, z.B. bei der Säule 3a. Invalidität ist schwierig zu definieren und ihre Eintretenswahrscheinlichkeit wesentlich schwieriger vorauszusagen als der Todesfall. Sie ist häufig nicht die Folge von harten Fakten, sondern ausschlaggebend sind weiche und nicht-medizinische Faktoren, die z. T. sogar von den Versicherten selbst beeinflusst werden können. Zudem wird eine Invalidität - je nach Einkommenersatz-Ratio und individueller Lebensplanung - als angenehmer, anzustrebender Zustand angesehen. Der Anteil der Antragstellenden, die zu erschwerten Bedingungen angenommen werden, ist daher wesentlich höher als bei den reinen Todesfallrisikoversicherungen.

In der Regel ist der beratende Gesellschaftsarzt nur sich und seinem Gewissen verpflichtet. Häufig berät er als externer Consultant ein Unternehmen und ist finanziell nicht abhängig von dem Auftraggeber. Er wird versuchen, aufgrund seiner medizinischen Ausbildung und seinen Erfahrungen, möglichst allen Antragstellern gerecht zu werden, da diese ein Anrecht darauf haben, einen Schutz zu erhalten. Um allen auch gleichermaßen gerecht zu werden und nicht willkürlich Zuschläge oder Ablehnungen zu vergeben, dient ihm ein Einschätzungsmanual, das in der Regel von den Rückversicherern konzipiert wurde. Allerdings wird der Versicherungsmediziner immer versuchen, eine individuelle Würdigung des Antragsstellers zu gewährleisten. So ist nicht jeder Bluthochdruckkranke gleichermaßen zu bewerten. Hier spielen neben der Compliance der Medikamenteneinnahme auch weitere Faktoren wie Entwicklung von Folgeerkrankungen, Verlauf (durch BD-Messungen belegt) eine Rolle, so dass es zwischen Antragstellern zu unterschiedlichen Voten kommen kann. Dies kann dann innerhalb eines Unternehmens und/oder zwischen Unternehmen vorkommen, so dass es Unterschiede beim Ergebnis der Risikoprüfung geben kann, die dann die „Individualität“ des Einzelnen berücksichtigen. Allerdings dürften sich die Unterschiede in engen Grenzen halten und selten größere Abweichungen bedingen.

Immer wieder kommt es vor, dass ein Versicherungsmediziner Befunde in den Unterlagen findet, die auf eine ernste Erkrankung hinweisen können und er dann durch eine Empfehlung weitere Diagnostik oder Maßnahmen vorschlägt, die dem Kunden helfen, eine Krankheit abzuklären. Auch kann der beratende Arzt „gesundheitsfördernd“ in Anträge eingreifen, wenn er beim Vorliegen von Risikofaktoren, die verhaltensabhängig sind, dem Antragsteller eine Überprüfung des Risikozuschlages anbietet, wenn dieser nachweislich z.B. sein Gewicht reduziert.

Besonders problematisch sind Anträge, aus denen sich ein subjektives Risiko ergibt. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn Selbständigerwerbende überproportional hohe Invaliditätsversicherungen verlangen, bei denen dann Moral hazard (s.o.) nicht auszuschließen ist.

In gewissen Fällen ordnet der beratende Arzt weitere Abklärungen an, z. B. bei einem schlecht eingestellten Hypertoniker eine Echokardiographie, um eine konzentrische Linkshypertrophie auszuschließen. Bei höhersummigen Verträgen ist das Unternehmen häufig bereit, diese Kosten für den Kunden bei Zustandekommen des Vertrages zu übernehmen. Das fördert einerseits die Kundenbindung und ermöglicht die bestmögliche Tarifierung für den Kunden. Bei vielen Gesundheitsstörungen sind verhaltensabhängige Parameter entscheidend. Wenn z. B. ein Diabetiker regelhaft seine Therapie appliziert, dann werden sich die gefürchteten Folgeerkrankungen tendenziell später einstellen. Zunehmend werden im Rahmen von Big Data diese Parameter digital dem Versicherer zur Verfügung gestellt, so dass eine neue Form der Kundenbetreuung und -bindung entsteht.

Besondere Risiken sind im Kontext von medizinischen Einschränkungen dann gegeben, wenn sich daraus überadditive Zuschläge ergeben. So macht es nur bedingt Sinn, einen Tierarzt für Großtiere mit einer manifesten Rheumaerkrankung gegen Erwerbsunfähigkeit zu versichern. UW bedeutet keineswegs nur die Einschätzung des Gesundheitszustandes eines Antragstellenden zu beachten, sondern sämtliche Risikofaktoren zu bewerten, also medizinische, finanzielle, soziale und auch Sportrisiken. Auch werden besondere Risiken gesondert bewertet. Aufenthalt in Kriegsgebieten, beruflich oder privat bedingt, lassen sich nur schwer versichern. Dies gilt allgemein auch für Gebiete mit politischen Unruhen oder abgelegene Gebiete wie afrikanischer oder südamerikanischer Dschungel. Ähnliches gilt für Endemiegebiete, in denen der Antragsteller einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt ist.

Gefährliches Freizeitverhalten wie Motorsport, Expeditionen oder Flugsport werden regelhaft zu höheren Prämien versichert.

Vergleichbares gilt für Berufsrisiken. Gefährliche Berufe werden mit Extraprämien gedeckt. Dazu gehören neben Kriegsreportern z.B. auch Testfahrer oder Off-shore Mitarbeiter.

Häufig benutzt der Versicherer dazu verschieden Berufsgruppenklaster, die dann in der Grundprämie besonders bei Disabilty-Produkten einen höheren Tarif aufweisen.

Problematisch sind und bleiben psychische Erkrankungen, besonders, wenn es sich um eine Invaliditätsversicherung handelt. Bei einer Todesfallrisikoversicherung spielt die Frage nach Suizidalität eine Rolle. In der Regel besteht bei Suicid über einen gewissen Zeitraum ein Leistungsausschluss. Bei Invaliditätsversicherungen wird in der Regel eine Ausschlussklausel für psychische Erkrankungen formuliert.

Wichtig sind auch die Angaben zur Familienanamnese. Wenn ein Antragsteller Risikofaktoren für Arteriosklerose hat und in der Familie gehäuft Herzinfarkte und Schlaganfall aufgetreten sind, dann wird eine erhöhte Prämie vom Kunden verlangt werden.

Zusammenfassung

Das UW ist ein Prozess, der versucht, möglichst viele Kunden adäquat zu versichern. In den meisten Unternehmen werden von 100 Verträgen 90 zu normalen Bedingungen policiert. Bei den verbliebenen 10 müssen weitere Auskünfte eingeholt werden. Davon werden dann wiederum 4 zu normalen und 4 zu erschwerten Bedingungen angenommen. 2 werden abgelehnt oder zurückgestellt.

Dezember 2017

Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

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