Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

Zumutbare Leistungsfähigkeit

Von zentraler Bedeutung ist in der Regel die gutachterliche Antwort auf die Frage, welche Tätigkeiten in welchem Umfang und unter Beachtung welcher Randbedingungen der versicherten Person aufgrund der bestehenden Leiden als zumutbar erscheinen. Eine fachärztlich festgestellte psychische Krankheit ist nicht ohne weiteres gleichbedeutend mit dem Vorliegen einer Invalidität: In jedem Einzelfall muss eine Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit unabhängig von der Diagnose und grundsätzlich unbesehen der Ätiologie ausgewiesen und in ihrem Ausmass bestimmt sein (BGE 127 V 294 E. 4c.).

In Anlehnung an die International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) soll bestimmt werden, welche Schädigungen welche Aktivitäten beeinträchtigen oder noch zulassen, und wie diese in der Erwerbsarbeit oder im Aufgabenbereich (Haushalt) verwertet werden können (Partizipation). Das Gutachten soll aus medizinischer Sicht angeben, was die versicherte Person unter welchen Umständen nicht mehr leisten oder eben noch leisten kann (BGE 141 V 281 E. 3.4.2.1.). Dafür gibt es verschiedene Parameter:

  • physikalische Belastbarkeit: Welche Hebe- und Tragbelastungen sind in welcher Periodizität zumutbar?
  • positionelle Anforderungen: Ausschluss, Limiten oder Wechselbedarf von Stehen, Sitzen und Gehen, sowie beispielsweise Überkopf- oder kauernde und kniende Tätigkeiten
  • weitere Umstände wie Nässe-, Kälte-, Wärme- oder Staubexposition, vermindertes Arbeitstempo, erhöhter Anleitungsbedarf, Publikumsexposition
  • Arbeitszeit: Ausgangspunkt sollte immer eine ganztägige Präsenzzeit sein, allenfalls unter Berücksichtigung von Belastungslimiten und weiteren zu beachtenden Einschränkungen wie etwa einem erhöhten Pausenbedarf (en bloc oder mehrere Kurzpausen), welche sodann eine verminderte Leistungsfähigkeit bei ganztägiger Präsenz ergeben können.

Bei Prozentangaben ist immer entscheidend, worauf sie sich beziehen. Bei der Leistungsfähigkeit in der angestammten Tätigkeit (Arbeitsunfähigkeit) oder in leidensangepassten Tätigkeiten ist gelegentlich unklar, ob sich eine Prozentangabe auf ein allfälliges Teilzeitpensum oder auf eine Vollstelle bezieht. Deshalb ist - alternativ oder zusätzlich - die Angabe in Stunden pro Tag sehr empfehlenswert. Der Invaliditätsgrad - ebenfalls eine Prozentzahl - ist keine medizinische, sondern eine versicherungsrechtliche Grösse und mithin kein Thema ärztlicher Ausführungen; Ärzte sollten auch nicht von „invalidisierenden Leiden“ sprechen. Eine andere Bedeutung hat die ärztliche Prozentangabe bei der Integritätseinbusse: Sie führt in der Regel zur Zusprache einer Integritätsentschädigung im gleichen Umfang und ist nach den dafür entwickelten Regeln anhand der einschlägigen Tabellen festzulegen.

Erschwert das Beschwerdebild, etwa wegen zunehmender Belastung im Tagesverlauf, einen ganztägigen Einsatz, so ist das zumutbare Mass in Stunden pro Tag anzugeben. Mit Blick auf arbeitsorganisatorische Restriktionen sollten hier auch Alternativen erwogen werden wie etwa ein ganztägiger Einsatz mit einem Pausentag in der Wochenmitte (ganztags, aber nur 4 Tage pro Woche) oder Ausfall von durchschnittlich x Tagen pro Monat (bzw. 20 Arbeitstage).

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