Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

Non-CF Bronchiektaseleiden

Dem Bronchektaseleiden liegt am häufigsten eine zystische Fibrose zugrunde. Die übrigen Bronchiektaseleiden werden unter dem Begriff „Non-CF Bronchiektaseleiden“ zusammengefasst. Der VA wird gelegentlich mit Fragen zur Diagnostik und Langzeittherapie konfrontiert.

1. Häufigkeit und Ätiologie

Die häufigste Ursache eines Bronchiektaseleidens ist die Cystische Fibrose (CF) (1:1500 - 1:3000 Geburten pro Jahr). Von einer CFTR-related Disorder (CFTR = Cystic Fibrosis Transmembran conductance Regulator) oder „atypischen CF“ spricht man beim Vorliegen einer minor Mutation in beiden CFTR-Genen oder einer typischen Mutation in einem Gen (meist F508del) , die zu einer Minderfunktion des CFTR mit pathologischem oder zumindest grenzwertig abnormem Schweisstest und Teilsymptomen einer CF (z.B. Bronchiektasen) aber nicht zum klinischen Vollbild führen, dies im Gegensatz zur klassischen, homozygoten F508del-Mutation.

Das Non-CF Bronchiektaseleiden ist eine heterogene, chronische Erkrankung der Atemwege. Es ist durch eine chronische Entzündung und Dilatation/Deformation der Atemwege charakterisiert. Dies ist einerseits durch die chronische Sputumproduktion und vorwiegend obstruktive Ventilationsstörung mit resultierender Dyspnoe bedingt und andererseits durch die wiederholten (Infekt-) Exazerbationen (What’s new in the management of adult bronchiectasis?). Infektexacerbationen stellen eine prognostisch ungünstige Komplikation eines Bronchiektaseleidens dar. Die jährliche Exacerbationsrate beträgt 1.8-3 / Patient / Jahr mit einer Hospitalisierungsrate von 26.6-31.4% über zwei Jahre im Follow up (Pubmed, The bronchiectasis severity index. An international derivation and validation study).

Non-CF Bronchiektasen lassen sich in fünf Gruppen einteilen:

  1. Postinfektiös (z.B. nach Tbc).
  2. Störung der mukoziliären Clearance (primäre Ciliendyskinesie (PCD)).
  3. Immundefizienz (z.B. Erworbener Immunglobulinmangel (CVID), infolge Leukämie, Lymphoms oder multiplen Myeloms (direkt oder therapiebedingt).
  4. Autoimmunerkrankungen (z.B. Rheumatoide Arthritis, allergische bronchopulmonale Aspergillose, Colitis ulcerosa, Graft versus host Reaktion nach Knochenmarkstransplantation).
  5. Im Rahmen chronischer Lungenkrankheiten (z.B. COPD, A1-AT-Mangel, Yellow Nail Syndrom).

2. Abklärungen

  • Ausschluss eines Immunglobulinmangels: IgG inklusive Subklassen, IgA, IgM (zweimalige Bestimmung).
  • Ausschluss einer allergischen bronchopulmonalen Aspergillose ABPA (v.a. bei Asthma): Gesamt IgE, Aspergillen IgG, spezifische Aspergillen IgE oder Prick-Test auf Aspergillen, Aspergillen-AG.
  • Bei klinischem Verdacht auf CF respektive CFTR-related Disorder (z.B. positive Familienanamnese, chronische Rhinosinusitis und /oder Polyposis nasi, rezidivierende Pankreatitis, Infertilität bei kongenitalem bilateralem Fehlen des Vas deferens (CBAVD), Oberlappen betonte Bronchiektasen, im Sputum Nachweis von Staph. aureus (SA) oder Pseudomonas aeruginosa (PA)) sollte ein Schweisstest und unabhängig vom Resultat auch ein gestaffeltes CFTR-Mutationsscreening durchgeführt werden.
  • Sputumuntersuchungen auf Problemkeime (3-6 monatlich auf allgemeine Bakteriologie resp. jährlich auf atypische Mykobakterien).

3. Therapie

3.1. Verbesserung der Sekretmobilisation mit Physiotherapie mit /oder ohne zusätzlich Hilfsmittel

Instruktion durch diesbezüglich geschulten Physiotherapeuten in individuell geeigneter Sekretdrainage-Technik. Hilfsmittel wie Flutter, Acapella, Cornet können die Sekretdrainage fördern. Die Inhalation hochprozentiger Kochsalzlösung (3-7%) wird in Analogie zu den CF-Guidelines empfohlen. NaCl 3% und 6% ist in Form von Fertigampullen à 4 ml erhältlich als MucoClear® 3% bzw. MucoClear® 6% (keine LP).

3.2. Verhinderung, Eradikation und Keimzahlreduktion / Behandlung von respiratorischen "Problemkeimen"

Eine Eradikationstherapie bei neuem Nachweis von PA wird empfohlen. Das angewendete Eradikationsschema soll individuell abgestimmt werden. Das am häufigsten angewendete Schema ist eine 14-tägige iv-Antibiotikatherapie mit zwei gegen PA wirksamen Antibiotika (meist Doppeltherapie Betalactam und einem Aminogykosid) gefolgt von einer längeren Therapie (3 - 6 Monate) mit einem inhalativen Antibiotikum (Tobramycin, Colistin oder Amikacin). Entsprechend den CF-Guidelines idealerweise über ein Rapid Nebuliser System (z.B. Pari eFLOW®). Bei nicht erfolgreicher Eradikation ist eine langfristige inhalative Antibiotikatherapie entsprechend den erwähnten Guidelines empfohlen. Bei jüngeren, kooperativen Patienten kann die i.v. Therapie nach Anleitung durch den Patienten selbst appliziert zu Hause erfolgen. Dementsprechend sollten die benötigten nichtgelisteten Arzneimittel und Materialien durch den Versicherer (allenfalls ZV) übernommen werden.

3.3. Verminderung von chronischer Entzündung der Bronchiektasen

Entsprechend den Guidelines (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28889110, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20627931) ist bei häufigen Exazerbationen (>2 pro Jahr) eine langfristige Therapie mit Azithromycin (3 mal pro Woche 500mg oder 250mg tgl.) oder Claritromycin (2x250-500mg tgl.) angezeigt, unabhängig von der Sputumbakteriologie. Neben einer (in)direkten antibakteriellen Wirkung basiert der Effekt v.a. auf einer antiinflammatorischen Aktivität der Makrolid-Antibiotika.

Bei nachgewiesenem Immunglobulinmangel als Ursache für das Bronchiektaseleiden ist eine Substitution mit Immunglobulinen mit einer IgG-Zielkonzentration von ca. 10g/l am Ende des Dosierungsintervalls angezeigt. Neben der iv-Verabreichung (Initialdosis 0.4g pro kg KG alle 3-4 Wochen mit Anpassung gemäss IgG-Verlaufskontrollen) ist gerade bei jüngeren Patienten eine subkutane Verabreichung (1-2 Mal wöchentlich) wesentlich einfacher. Eine sc.-Applikation ist aber nur mithilfe einer speziellen Perfusorpumpe möglich. Dementsprechend sollten auch diese und das zugehörige Verbrauchsmaterial durch den Versicherer übernommen werden.

3.4. Verbesserung der körperlichen Funktion und der Lebensqualität

Gemäss einer aktuellen systematischen Review ist bei Patienten mit Non-CF-Bronchiektaseleiden eine ambulante pulmonale Rehabilitation v.a. mit Ausdauertraining wirksam (Pubmed, Pulmonary Rehabilitation in Individuals With Non-Cystic Fibrosis Bronchiectasis: A Systematic Review.). So konnte in dieser systematischen Review gezeigt werde, dass neben der (kurzfristigen) Verbesserung der Ausdauerleistungsfähigkeit und der Lebensqualität auch die Exazerbationsrate im 12-monatigen Follow-up gesenkt werden konnte.

März 2019
Dr. med. Thomas Hess

Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

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