Schweizerische Gesellschaft der Vertrauens- und Versicherungsärzte

Lymphdrainage

von Dr. med. Kurt Urfer, Luzern

Einleitung

Vorläufer der Entwicklung der ML im heutigen Sinn waren A. v. Winiwarter und J. v. Esmarch, die in anderen Zusammenhängen jedem Arzt bekannt sind. Die ML im engeren Sinne, um die es hier geht, wurde in den Dreissigerjahren des letzten Jahrhunderts vom dänischen Ehepaar Dr.phil. Emil und Estrid Vodder entwickelt. Die ML stammt ursprünglich aus der so genannten Alternativmedizin. Dies erschwerte ihr einerseits anfänglich die Akzeptanz durch die Ärzte, andererseits erklärt es aber auch, warum sie von alternativmedizinischer Seite auch heute noch zum Teil als Wundermittel gegen alles und jedes empfohlen wird. Die Aufnahme der ML in die Schulmedizin erfolgte in der schweizerischen Nachbarschaft vor allem durch die Ärzte J. Asdonk (Feldbergklinik) und M. Földi (Hinterzarten). Diese beiden Pioniere förderten die Verbreitung der ML, insbesondere auch durch ihre Schulen für angehende Lymphtherapeuten.

Bei der ML geht es darum, den Lymphfluss durch eine ganz sanfte Massage zu beschleunigen, um so Ödeme zu reduzieren und wenn möglich ganz zu beseitigen. Die Technik der ML ist streng standardisiert und muss in einer entsprechenden Schule erlernt werden. Die Grundausbildung dauert gewöhnlich etwa einen Monat. Zertifizierte Vodder-Therapeuten müssen zudem Wiederholungskurse besuchen, um ihre Anerkennung behalten zu können. Es ist zu befürchten, dass nicht jede Therapeutin, die ML anbietet, auch eine wirklich adäquate Aus- und Weiterbildung genossen hat.

Definition des Lymphödems

Ödembildung infolge eingeschränkter Transportkapazität des Lymphgefässsystems. Das Lymphgefässsystem ist dann insuffizient, wenn die Transportkapazität kleiner ist als die lymphpflichtige Last. Das chron. Lymphödem wird in 3 verschiedene Schweregrade eingeteilt. (Stadium 3 entspricht einer Elephantiasis). Für weitere Informationen zum chron Lymphödem wird auf entsprechende Literatur verwiesen.

Die ML im Physiotherapie-Tarif

In der Schweiz ist die ML insofern eine anerkannte physiotherapeutische Methode, als sie unter der Position 7312 im Tarif Physiotherapie figuriert und mit 77 Taxpunkten pro Sitzung abgegolten wird (gültig seit 1.1.1998). Dies gilt unter den folgenden Voraussetzungen:

Aufwendige Behandlung von Lymphödemen als Bestandteil eines vollständigen Therapiekonzeptes durch speziell in dieser Therapie ausgebildete Physiotherapeuten.

Weiter heisst es:

  1. Der Zeitaufwand für die Bandagierung ist in der Sitzungspauschale inbegriffen.
  2. Das notwendige Material kann gemäss MiGeL zusätzlich verrechnet werden.

Die manuelle Behandlung von kardialen oder posttraumatischen Ödeme können nicht unter Pos. 7312 abgerechnet werden.

Was ist mit der Erklärung der Pos. 7312 überhaupt gemeint?

  • Nur aufwendige Behandlungen verdienen die Position 7312, nicht jede physiotherapeutische Behandlung im Zusammenhang mit einem Lymphödem.
  • Bindegewebsmassagen und Massage reflexogener Zonen gehören nicht dazu und sind nach Pos 7301 abzurechnen, falls der Krankheitswert ausgewiesen ist.
  • Eine zweckmässige ML ist stets in andere physikalische Massnahmen eingebettet im Sinne einer komplexen physikalischen Entstauungstherapie (Hautpflege, ML, Kompressionstherapie, entstauende Bewegungstherapie)
  • ML als isolierte Massnahme durchgeführt hat keinen nennenswerten Effekt, auch wenn ML lege artis erfolgt.
  • Die ML-Therapeuten müssen für diese Therapie (die ML) eine spezielle Ausbildung haben.

Was sind die Hauptprobleme bei der Durchsetzung der im Tarif festgeschriebenen Bedingungen?

  • Die Tarifposition 7312 wird zu grosszügig verrechnet
  • Die verordnenden Ärzte kennen den Physiotherapietarif zu wenig gut und wissen nicht, wann Pos 7312 gerechtfertigt ist. Gelegentlich fehlt es bei den verordnenden Ärzten auch an Kenntnissen zur Definition und klinischer Manifestation eines Lymphödems
  • ML wird bei Diagnosen verordnet und mit Pos 7312 verrechnet, welche gemäss Tarif dafür nicht anerkannt sind.

Kann ML auch für weitere Indikationen eingesetzt werden?

Die ML ist auch für andere Indikationen, welche aber im Tarif unerwähnt sind, eine Therapieoption.

Neben dem klassischen primären- oder sekundären Lymphödem gibt es noch eine ganze Reihe von mit Schwellungen verbundene pathologische Zustände, die auf ML bisweilen erfreulich gut ansprechen. Zu nennen wären die Reflexdystrophie (Algodystrophie, M. Sudeck) und auch posttraumatische Ödeme, wobei die Übergänge zum Teil fliessend sind. Auch vasoplegische Ödeme sind eine geeignete Indikation.

Einer hemmungslosen Indikationsausweitung von Seiten der Verordner, Therapeuten und Patienten müssen die Vertrauensärzte aber entgegen steuern. Die Vertrauensärzte haben aber etwas Spielraum, wobei sie sich auf die übergeordneten WZW-Kriterien (KVV, Art. 33, c) beziehen müssen.

Stationäre Behandlung des Lymphödems

Nicht immer leicht zu entscheiden ist es, ob ein erhebliches Lymphödem ambulant oder stationär zu behandeln sei. In gewissen Fällen ist mit einer rein ambulanten Behandlung nicht beizukommen.

Dies ist aber seltener der Fall, als es die Anbieter dieser Leistungen propagieren. Unseres Erachtens ist eine stationäre Behandlung nur im Stadium 3 eines Lymphödems allenfalls indiziert. Eine korrekte Beurteilung durch den Vertrauensarzt ist nur möglich, wenn die Behandelnden alle benötigten Fakten innert nützlicher Frist zur Verfügung stellen, was leider nicht immer der Fall ist.

Ausbildung der Therapeuten

Seit 1994 besteht eine Schweizerische Gesellschaft für Lymphologie (SGL), die folgende Lehrinstitute als qualitativ hochstehend anerkennt:

In der Schweiz: Lehrinstitut für Lymphdrainage Davos
Massageschule Esclarmond Genf
In Deutschland: Asdonkschule Hannover
Asdonkschule St.Blasien
Földischule Freiburg-Merzhausen
In Österreich: Dr. Vodder-Schule, Bad Walchsee

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